Manfred Himmighofen: Ein Leben für das Frankfurter Eishockey
Von Michael Löffler
Frankfurt. Das Originaltrikot der Sbornaja? Den Fanghandschuh von Vladislaw Tretjak? Oder ein Andenken an Ulf Sterner gefällig? Kein Problem: In der Penalty-Bar, die Manfred Himmighofen im Keller seines Hauses in Niederrad eingerichtet hat, hängen diese Utensilien nebst anderen Raritäten aus 40 Jahren Eishockey. Denn in der Familie von Manfred Himmighofen, der am vergangenen Freitag beim DEL-Heimspiel der Frankfurt Lions gegen Augsburg für seine Verdienste um den Eishockey-Sport in Frankfurt, dem er schon vier Jahrzehnte die Treue hält, geehrt wurde, dreht sich alles um den schnellsten Mannschaftssport der Welt.
Seit Anfang der 70er Jahre sorgt Manfred Himmighofen dafür, dass am Tisch des Spielgerichts stets alles reibungslos abläuft. Mit seiner Frau Gerda, die an seiner Seite als treue Seele die Frankfurter Puckjäger umsorgte, zählte er schon zu den treuen Helfern des "Mr. Eishockey" Günther Herold, als in den 60er Jahren die Eintracht vor 20 frierenden Zuschauer auf der Eisfläche im Waldstadion dem Puck hinterherlief. Natürlich stand er dann 1981 dem Spielgericht beim ersten Spiel in der neu errichteten Eissporthalle vor. Und 1991 zählte er zu den Gründungsmitgliedern der Frankfurter Löwen, die nach dem finanziell bedingten Rückzug der Eintracht das Eishockey wieder aufleben ließen. Himmighofen war Vorstandsmitglied, Schiedsgerichtsvorsitzender und, und, und – kurz gesagt: "Mädchen für alles".
Die ersten Berührungen mit der Gummischeibe machte der gelernte Maschinenschlosser, Dachdeckermeister und Hauptbrandmeister im Jahr 1963. Bis dahin frönte der Hockey-Nationalspieler von Weiß-Blau Frankfurt nur dem Spiel mit Schläger und Ball. Auf den neuen Geschmack brachten ihn seine Söhne. Filius Manfred erlernte während eines Winterurlaubs auf dem Vierwaldstädter See das Schlittschuhlaufen. Zu Hause angekommen, fiel der junge Bursche während des Publikumslaufs im Waldstadion dem damaligen Bundesliga-Trainer Gerhard Kießling auf, der ihn prompt zur Eintracht einlud.
Das Eishockeyfieber packte schnell die ganze Familie. Manfred Senior wurde 1965 Stellvertretender Jugendleiter bei der Eintracht, seine Frau Gerda half stets mit, wo es nötig war, Sohn Manfred verteidigte auf dem Eis und der um vier Jahre jüngere Sohn Wolfgang stand wie sein Vater im Feldhockey zwischen den Pfosten. Ein Jahr später machte Manfred Himmighofen den Schiedsrichterschein und 1975 übernahm er die Leitung des Schiedsgerichts. Seitdem sind die Heimspiele am Main, in denen er nicht am Spielgerichtstisch saß, an den Fingern einer Hand abzählbar. Rechts und links von ihm sitzen meistens seine Söhne Manfred und Wolfgang, die sich ebenso wie die restlichen Schiedsgerichtsmitglieder in den Pausen mit Häppchen stärken, die in den Katakomben von Gerda Himmighofen vorbereitet werden.
Dem mittlerweile erfahrensten Spielgerichtsleiter der Region kann so leicht niemand etwas vormachen. Seine Pflichten, zu denen die Betreuung der Schiedsrichter, der reibungslose "Ablauf" auf der Strafbank, die Video-Überwachung des Spiels, das Zeitnehmen, die Erstellung des Spielprotokolls aber auch die Unfallmeldungen an die Berufsgenossenschaft gehören, kennt er aus dem Effeff. Seine Erfahrung gibt er gern weiter. Jedes Jahr veranstaltet er für den Hessischen Eissport-Verband (HEV) einen eintägigen Lehrgang für alle Schiedsgerichte des Verbandes.
Der 72-Jährige hat in Frankfurt alle Höhen und Tiefen des Eishockeys erlebt. Er war dabei, als Oberligist Eintracht Frankfurt Mitte der 70er Jahre im Hessenpokal-Endspiel gegen den Bundesligisten VfL Bad Nauheim nach zwei Dritteln mit 3:8 zurück lag und am Ende mit 11:10 nach Penaltyschießen triumphierte. Er war auch bei jenem legendären Aufstiegsspiel gegen Kassel dabei, in dem die Eintracht am 3. März 1986 noch drei Minuten vor Schluss mit 0:3 zurück lag und dann 4:3 gewann. Er erlebte fünf Monate später auch den denkwürdigen Tag, an dem Trainer Jorma Siitarinnen seinen Stürmer Harald Birk mit der Order aufs Eis schickte, den Russen ordentlich einzuheizen. Dass dies gegen die damals weltbeste Vereinsmannschaft CSKA Moskau nicht so oft gelang, verrät das Resultat – 3:13.
Manfred Himmighofen erlebte aber auch die bitterste Stunde des Frankfurter Eishockeys, als das Eintracht-Präsidium am 1. März 1991 das "Aus" verkündete. Ein halbes Jahr später ließ er sich in den Vorstand der neu gegründeten Frankfurter Löwen wählen. Und so erlebte er auch hautnah die fröhlichste Ära, als Forster, Erhardt, Nicholas und Co. alle Gegner förmlich vom Eis fegten – den EC Bad Nauheim 1 b am 19. Januar 1992 mit dem Rekord-Ergebnis 32:0 – und das beste Publikum der Welt jedes Spiel zu einem Volksfest umfunktionierte. Und selbstverständlich war und ist er auch bei Spielen dabei, in denen es um die Meisterschaft geht: Mit den Reichels, Lalas, Barries, Chabots und nun Lebeaus und Belangers.
Das traurigste Ereignis seiner Karriere war der Tod von Günther Herold. Als Herold im Mai 1989 bei der Arbeit an seinem Lebenswerk einem Herzinfarkt erlag, verlor das Frankfurter Eishockey nicht nur seine treibende Kraft, sondern Manfred Himmighofen auch einen engen Freund. "Wie oft erinnere ich mich mit Elfriede Herold und meiner Frau Gerda an den Mann, dem das Frankfurter Eishockey alles war und der diesem Sport alles gab. Auch sein Leben."
Und das lustigste Erlebnis? "Das war 1969", erinnert sich Himmighofen. "Die Eintracht spielte im Waldstadion gegen den Kölner EK. Vor Schnee und Kälte war ich in der oben gelegenen Sprecherkabine geschützt. Direkt an der Eisfläche war ein Telefon, in das mir der Schiedsrichter jede Strafzeit durchgab. Doch dann kam es zu einer Massenschlägerei, in deren Verlauf das Telefon zertrümmert wurde. Von da an musste ich bei jeder Strafe in die Kälte hinaus, die Treppe herunter zum Schiedsrichter und dann wieder hoch. Sicherlich meine sportlichste Leistung als Schiedsgerichtsleiter."
Als den Höhepunkt in seiner nunmehr 40 Jahre andauernden Laufbahn betrachtet Himmighofen das Jugendlager in Schweden, an dem 1974 unter seiner Leitung über 20 Eintracht-Jugendliche teilnahmen. Mit den Camp-Trainern, den schwedischen Weltstars Ulf Sterner und Honken Holmquist sowie Ole Oest, später Trainer in Berlin, verbindet ihn noch immer eine enge Freundschaft. Ob es das schönste Erlebnis bleibt? Wer weiß es? Denn Manfred Himmighofen denkt noch lange nicht ans Aufhören. Und so wird der 72-Jährige – hoffentlich noch lange – seine ganze Kraft der ehrenamtlichen Arbeit für das geliebte Eishockey widmen.
Quelle Höchster Kreisblatt
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