Warten aufs Geld: Banken halten Stadionbetreiber hin
Krach bei WestLB gefährdet 220-Millionen-Investition
Hoffen und Bangen im Römer: Das britische Konsortium, das für 30 Jahre den Betrieb des neuen Frankfurter Waldstadions übernehmen soll, hat noch immer keine Zusage seiner finanzierenden Banken. Die Absicht von Bürgermeister und Sportdezernent Achim Vandreike (SPD), den fertigen Vertrag mit dem Investor Patrick Nally am 17. Juli im Stadtparlament beschließen zu lassen, hat sich zerschlagen.
Von Hans-Jürgen Biedermann und Claus-Jürgen Göpfert
"Es ist nicht einfach, die Sache ist äußerst heikel." Mit diesen Worten umschreibt Vandreikes Sprecher Ralph Klinkenborg die Lage. Es geht um 220 Millionen Euro: Diese Summe möchte der potenzielle Betreiber Nally rund um das 2005 fertige Stadion investieren. Geplant ist eine multifunktionale Sporthalle für 15 000 Besucher, die sich sowohl für Eishockey wie auch für Leichtathletik eignet. Außerdem soll auf einem städtischen Erbbau-Grundstück ein Hotel entstehen.
Auf Kredite zweier deutscher Banken will der Brite sein Engagement stützen: Eine davon ist die Westdeutsche Landesbank (WestLB) in Düsseldorf, die aber zur Zeit in heftigen wirtschaftlichen Turbulenzen steckt. Der Verlust des Jahres 2002 lag bei 1,7 Milliarden Euro - vor allem durch "hoch riskante Engagements" bei britischen Investoren. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht lässt deshalb derzeit die gesamte WestLB von Wirtschaftsprüfern durchleuchten. Die für die britischen Aktivitäten zuständige Investmentbankerin Robin Saunders musste gehen. Verhoben hatte sich die WestLB dramatisch bei einem britischen Stadion-Projekt: der Wembley-Arena in London.
Klinkenborg bestätigt, dass die Vorstände beider Banken, auf die Nally sich stützen will, das Frankfurter Geschäft bisher trotz monatelanger Warte- und Beratungszeit nicht beschlossen haben. Im Römer stellt man sich die Frage, inwieweit der Vorstand der WestLB überhaupt noch handlungsfähig ist. Am gestrigen Montagnachmittag dann die Nachricht: Jürgen Sengera, der Vorstandschef der Bank, tritt zurück. Kurz vorher hat Klinkenborg beteuert, man gehe noch immer davon aus, dass Investor Nally sein Geld zusammenbekomme. Falls die Sache scheitere, könne die Stadt mit einem Interessenten Verhandlungen aufnehmen, der als Stadionbetreiber bisher von der Kommune nur auf den zweiten Platz gesetzt worden war.
Auch für die Stadt geht es beim Vertrag mit Nally um viel Geld: Der Brite soll an die Kommune 86 Millionen Euro zahlen. Dafür dürfte er dann im Gegenzug das neue Waldstadion 30 Jahre lang betreiben. Die 86 Millionen Euro braucht die Stadt dringend, um einen Teil der Baukosten bezahlen zu können.
Noch viele andere Fragen sind offen. So ging es am Montag bei einer internen Beratung im Büro Vandreikes um die Frage, wie viele Zuschauerplätze im Stadion überhaupt angeboten werden können, wenn Anfang August die neue Bundesliga-Saison beginnt. Schließlich ist das Stadion noch zur Hälfte eine Baustelle.
Auch die Verhandlungen zwischen dem Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt und der Stadt dauern an. Gegenstand der Gespräche sind die Pacht-Zahlungen der Eintracht an die Kommune und die Frage, wie die Einnahmen aus der Banden-Werbung aufgeteilt werden. Die Stadt verlangt von der Eintracht nach dem Aufstieg in die Erste Liga mehr Geld.
An den Nerven der Politiker im Rathaus zerren aber auch die ständigen öffentlichen Querelen unter den Verantwortlichen bei Eintracht Frankfurt. Felix Semmelroth, Büroleiter von Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), nennt das Erscheinungsbild des Vereins "unsäglich". Man beschädige letztlich auch das Ansehen der Stadt.
Diese Einschätzung teilt Volker Sparmann, noch bis Ende des Monats der Vorstands-Vorsitzende der Eintracht AG. "Kooperationspartner und Sponsoren" sprächen dieses Thema an und wiesen auf die negativen Folgen für das Vereinsimage hin. Er bleibe seiner Linie treu und äußere sich zu den Querelen nicht öffentlich. Sparmann geht davon aus, dass bei der Suche nach einem Stadionbetreiber "keine größeren Probleme zu erwarten sind".
KOMMENTAR
Ohne Garantie
Von Hans-Jürgen Biedermann
Bei den Bemühungen um einen Betreiber für das neue Waldstadion, das in zwei Jahren fertig sein wird, ist die Stadt nicht gerade vom Glück verfolgt. Der Vertrag mit Octagon war schon unter Dach und Fach, als die Amerikaner doch noch kalte Füße bekamen. Jetzt droht ein weiterer Reinfall, denn den Briten um Patrick Nally geht womöglich die Luft aus. Sie haben sich auf eine offenbar schwächelnde Bank, die WestLB, als Hauptkreditgeber verlassen.
Falls die Briten einen neuen Partner brauchen sollten, dann wird der mit Sicherheit nicht im Handumdrehen zu finden sein. Immerhin geht es um Investitionen in Höhe von 220 Millionen Euro, und die Projekte, die damit finanziert werden sollen, sind durchaus keine Selbstläufer. Derzeit werden hochkarätige Hotelpläne in Frankfurt reihenweise auf Eis gelegt, weil Banken das Kreditrisiko scheuen. Ein Hotelbau am Stadion wird in so einer Situation bei den Geldhäusern wohl ebenfalls auf Zurückhaltung stoßen. Ähnlich skeptisch dürfte die Prognose für die Wirtschaftlichkeit einer Großsporthalle für 15 000 Zuschauer ausfallen, die ebenfalls zum Konzept für die Mantelbebauung am Stadion gehört.
Schließlich hat es auch der Betreibervertrag für das neue Stadion in sich. Er ist auf 30 Jahre angelegt, die Pacht von 86 Millionen Euro ist sofort fällig. Ohne erstklassige Leistungen der Eintracht-Fußballer kann man mit der Arena kein Geld verdienen. Dafür gibt es nun wahrlich keine Garantie.
beide quellen
gruß, mick (bekennender alteuropäer)