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Reifenregel wird neu interpretiert - Michelin sauer
München - Mit Michael Schumacher (72 Punkte), Juan Pablo Montoya (71) und Kimi Räikkönen (70) liegen drei Rennen vor Schluss die drei Erstplatzierten der Formel-1-WM innerhalb von nur zwei Punkten. Das gab es noch nie!
Die Fans können den nächsten Grand Prix am 14. September in Italien kaum noch abwarten, jeder will sehen, wie sich der Dreikampf auf dem Autodromo Nazionale di Monza weiterentwickelt.
Doch jetzt folgt der Hammer: Es ist gut möglich, dass der WM-Kampf nicht nur auf, sondern vor allem neben der Rennstrecke entschieden wird! (Wer wird Weltmeister? Jetzt wetten bei betandwin!)
Grund: Der Internationale Automobilweltverband FIA hat sich nach einer Beschwerde in den Reifenkrieg zwischen Bridgestone (rüstet u.a. Ferrari aus) und Michelin (beliefert u.a. BMW-Williams und McLaren-Mercedes) eingemischt - zu Gunsten der Japaner.
Artikel 77c wird neu interpretiert
Was ist passiert?
Das Reifenreglement der FIA besagt in Artikel 77c: "Die Lauffläche darf im statischen Zustand bei einem Reifendruck von 1,4 bar nicht breiter als 270 Millimeter sein." So weit, so gut.
Bisher wurde die Regel immer so interpretiert, dass die 270-Millimeter-Grenze lediglich vor einem Rennen eingehalten werden muss. Dies war sowohl bei den Bridgestone- als auch bei den Michelin-Gummis stets der Fall.
Ab sofort darf die Läuffläche eines Vorderreifen aber auch nach einem Grand Prix nicht breiter als 270 Millimeter sein. Darüber hat FIA-Rennleiter Charly Whiting die Teamchefs in einem Schreiben informiert.
Michelin-Vorteil dahin
Diese neue Interpretation ist ein Schlag ins Gesicht für alle Michelin-Teams. Denn die Franzosen haben in den letzten Rennen eine revolutionäre Reifenkonstruktion eingesetzt, bei der die Kontaktfläche der Pneus während der Rennen breiter wurde. (Finden Sie die Neuinterpretation des Artikel 77c in Ordnung? Diskutieren Sie mit anderen Usern im Motorsport-Forum!)
Dadurch hatten die von Michelin ausgestatteten Rennställe mehr Grip, was unter anderem dazu führte, dass Montoya in Hockenheim nahezu zwei Sekunden pro Runde schneller war als Schumi im Bridgestone-bereiften Ferrari.
Steckt Ferrari hinter der Beschwerde?
Dieser erhebliche Vorteil wird nun aller Voraussicht nach dahin sein. Zum Leidwesen von BMW-Williams und Montoya beziehungsweise Räikkönen und McLaren-Mercedes.
Nur im Ferrari-Lager dürfte man strahlen. Spekulationen liegen daher nahe, dass die Roten die FIA zum Handeln aufgefordert hatten.
Stellungnahme von Michelin
Bei Michelin zeigt man sich jedenfalls besorgt über die schnell eingeführte Neuinterpretation des Reifenreglements.
In einer Pressemitteilung legen die Reifen-Köche aus Clermont-Ferrand erst einmal Wert darauf, dass die bisher eingesetzten Gummis regelkonform gewesen seien, kommen dann aber rasch zu der Neuerung.
Von dieser erwarten sie Probleme, "denn ein Reifen kann bei seinem Einsatz Kontakt mit verschiedenen Objekten wie zum Beispiel Randsteinen haben, die je nach Profil und Position den Reifen bis zur Mitte der Seitenwand berühren können".
Eine Garantie, dass die Pneus auch nach den Rennen die 270-Millimeter-Grenze einhalten, könne daher momentan nicht abgegeben werden.
Dupasquier hält Startverzicht in Monza für möglich
Dies könnte weitreichende Folgen haben. "Das Risiko einer Disqualifikation ist groß", ist sich Pierre Dupasquier bewusst.
Michelins Sportdirektor hält es aus diesem Grund sogar für möglich, "dass die fünf Teams, die unsere Reifen verwenden, in Monza nicht dabei sein werden. Es ist ihre Entscheidung, aber wir wissen, dass wir nicht rechtzeitig neue Reifen herstellen können, denn das würde Wochen brauchen, um sie zu entwickeln und zu backen", wie er der Zeitung "Daily Mail" sagte.
Ob es wirklich zu einem Startverzicht bzw. Boykott kommt, bleibt abzuwarten und ist eher unwahrscheinlich. Sinnvoller und fairer wäre es aber auf jeden Fall gewesen, mit der neuen Interpretation des Reifenreglements bis zur Saison 2004 zu warten. Dem Sport zuliebe.
Alexander Marx
Sport 1