Mit der Eintracht kommt die Zwietracht
Die Bundesliga kann sich freuen: Aufsteiger Frankfurt besetzt wieder die Rolle der Skandalnudel - Führungschaos erzürnt Willi Reimann
von Jürgen Heide
Frankfurt - Als Eintracht Frankfurt vor genau drei Wochen durch ein Tor in letzter Sekunde die Rückkehr in die Bundesliga schaffte, schenkte Aufsichtsratschef Jürgen Neppe noch auf dem Rasen Trainer Willi Reimann, mit dem er oftmals nicht einer Meinung war, ein neues Handy. Einiges sprach dafür, dass bei den Hessen, die in der Vergangenheit immer für negative Schlagzeilen gut waren, Harmonie einkehren würde. Doch der Schein trog: Nur kurz übertünchte der sportliche Erfolg die Differenzen der Eintracht-Verantwortlichen. In der vorigen Woche flammte der Streit zwischen Reimann und Neppe neu auf, ein Ende ist nicht abzusehen. Kaum zurück in der Bundesliga, spielt die Eintracht also schon wieder jene Rolle, für die sie am bekanntesten ist: die einer Skandalnudel.
Auch Reimanns neues Mobiltelefon hat jedenfalls nicht verhindern können, dass die Kommunikation der beiden nachhaltig gestört ist: Nachdem Reimann bereits im Februar Neppes Forderung, Manfred Burgsmüller als Manager zu installieren, missfallen hatte, weil er Stephan Beutel (St. Pauli) als Wunschkandidaten im Auge hatte, haben den Trainer nun Neppes kritische Aussagen über den neuen Torwart Markus Pröll (vom 1. FC Köln) verärgert. Zudem schließt Neppe einen Verkauf von U21-Nationalspieler Jermaine Jones nach Leverkusen, wo er ab Juli 2004 ohnehin einen Vertrag besitzt, nicht aus.
"Jones wird mit Sicherheit bleiben. Er ist in meinen Planungen fest eingeplant, und auch der Vorstand hat nicht die Absicht, ihn zu verkaufen", sagte Reimann brüskiert. Auf die Frage, wieso sich dennoch das Gerücht halte, dass die Eintracht den Stürmer gleich nach Leverkusen transferieren will, polterte Reimann los: "Das liegt daran, dass Leute Gespräche führen, die dazu nicht befugt sind, und sich einer aus dem Aufsichtsrat in den Vordergrund spielen will."
Reimann, der bei der Eintracht übergangsweise auch das Amt des Managers ausübt, machte keinen Hehl daraus, dass er Neppe meinte: "Herr Neppe hat in Personalfragen nicht reinzureden. Das hat ihm aber wahrscheinlich noch niemand gesagt. Er soll sich aus diesen Gesprächen raushalten, denn er hat ein anderes Arbeitsgebiet."
Neppe reagierte erbost. "Diese Aussagen sind eine Frechheit und werden nicht ungestraft bleiben. Darüber wird hinter verschlossenen Türen zu sprechen sein", sagte der Druckereibesitzer, der zumindest "eine Entschuldigung" von Reimann erwartet und diesen am liebsten abmahnen würde. Wegen seiner Kritik an Neppe, die er am Samstag indirekt erneuerte ("Ich lasse mir meine erfolgreiche Arbeit nicht von Leuten kaputtmachen, die vor einem Jahr, als wir keine Lizenz hatten, kein Mensch kannte"), wurde der Trainer nun zur nächsten Aufsichtsratssitzung vorgeladen. Dort wird sich Reimann, dem der zum 30. Juni aus dem Amt scheidende ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende Volker Sparmann alle Freiheiten lässt, aber nicht entschuldigen. Er will dem Gremium stattdessen "einen lückenlosen Bericht vorlegen, dass denen die Augen übergehen".
Bei der Sitzung sollte eigentlich Leverkusens Finanz-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser als Nachfolger Sparmanns ("Ich war lange genug das verrückte Huhn, das diesen Posten besetzt hat") vorgestellt werden. Die Bayer AG aber verweigerte Holzhäuser die Freigabe.
Mit seiner Kompetenz und Autorität, die die Eintracht dringend nötig hätte, wäre Holzhäuser prädestiniert gewesen, nicht nur zwischen Reimann und Neppe zu schlichten, sondern auch die notwendigen strukturellen Veränderungen durchzuführen.
Weil die Vereinsvertreter im Aufsichtsrat eine von Reimann geforderte Verlängerung von Sparmanns Amtszeit nicht wollen, stehen sie nun unter Zeitdruck. Neppe ist gefordert, seine Beziehungen spielen zu lassen, um das Führungsvakuum rasch zu beseitigen. Ob er aber einen Vorstandschef vom Kaliber Holzhäusers bekommt, erscheint sehr fraglich, obwohl er selbst erklärte: "Ich habe noch ein paar Pfeile im Köcher."
Die Suche nach einem Manager - zuletzt kam der frühere Eintracht-Nationalspieler Bernd Hölzenbein ins Gespräch, der diesen Posten schon einmal hatte - ist hintangestellt. Vorsorglich stellte Neppe klar: "Die Managersuche ist eine Personalplanung, mit der der Trainer nichts zu tun hat." Dafür mischt sich Sparmann noch mal ein, die Schreckensmeldungen vom Main veranlassten ihn, seinen Kreta-Urlaub abzubrechen.
Sobald er endgültig ausgeschieden ist, wird Reimann allein auf weiter Flur stehen - Sparmann war sein einziger Vertrauter in der Führungsspitze. Dabei hat er es schon schwer genug. Obwohl Sparmann noch "drei Kracher" als Verstärkungen ankündigte, kann für den Aufsteiger nur der Klassenerhalt das Saisonziel sein. Ob dies alle Verantwortlichen in Frankfurt, wo man schnell zum Größenwahn neigt, so sehen, ist fraglich. Weshalb Reimanns Aussichten, seinen bis zum 30. Juni 2005 laufenden Vertrag erfüllen zu dürfen, nicht zum Besten stehen.
Artikel erschienen am 15. Jun 2003
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Das Götz-Zitat verfolgt Effenberg bis in die Wüste
Fussball intern
von Thorsten Jungholt
Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) plant anlässlich des 40. Geburtstages der Bundesliga am 24. August eine TV-Show. "Wir denken darüber nach", sagt DFL-Sprecher Tom Bender, "bis Ende nächster Woche fällt die Entscheidung." Zunächst muss endgültig feststehen, welcher Sender die Bundesliga demnächst überträgt - heißester Kandidat ist die ARD (siehe Seite 19).
Wenn Michael Preetz, 35, zum 1. Juli seinen neuen Job bei Hertha BSC als Assistent von Manager Dieter Hoeneß antritt, wird er sich um die Neugestaltung des Scoutingbereichs kümmern. Die ihm zunächst zugedachte Aufgabe als Chefscout hatte Preetz zurückgewiesen. Kandidaten für die Nachfolge von Preetz als Mannschaftskapitän sind Dick van Burik, Arne Friedrich und Zugang Fredi Bobic.
Mario Basler, 34, wechselt zwar ins Wüstenemirat Katar, auf den deutschen Bildschirmen aber wird er präsenter denn je sein. Sechs Produktionsfirmen planen Formate mit dem exzentrischen Kicker. So ist eine 20-teilige Doku-Soap im Gespräch, und das Magazin "taff" will bei PRO7 täglich fünf Minuten aus dem neuen Leben Baslers berichten.
Auch Stefan Effenberg, 34, zieht nach Katar. Doch aus der alten Heimat droht Ungemach. Ein weiterer Polizist hat nunmehr ausgesagt, dass Effenberg am 20. Februar bei einer Verkehrskontrolle in Braunschweig einen Beamten mit Goethes Götz-Zitat belegt habe. Effenberg hatte das bestritten. Die Affäre verläuft mithin keinesfalls im Sande.
Durch große Erfolge ist Duisburgs Trainer Norbert Meier, 44, noch nicht aufgefallen. Jetzt versucht er es anders - indem er über seinen Lehrmeister Otto Rehhagel herzieht: "Meinen Spielern bräuchte ich heutzutage mit den alten Sprüchen von Rehhagel nicht mehr zu kommen. Die würden mich auslachen." Bleibt festzustellen, dass Meier in Mönchengladbach gescheitert ist und mit Duisburg in der Zweiten Liga Platz acht belegte. Rehhagel, unter anderem dreimal Deutscher Meister, steht als Nationaltrainer Griechenlands vor der EM-Qualifikation.
In der ARD hielt sich Günter Netzer, 58, mit Kommentaren über Schottlands Trainer Berti Vogts zurück. Als Gast einer Talkrunde der Dresdner Bank dagegen redete er Klartext: "Vogts passt nicht in die heutige Zeit. Solange ich denken kann, habe ich noch nie eine so schlechte schottische Mannschaft gesehen."
Artikel erschienen am 15. Jun 2003
Bundesliga vor der Rückkehr zur ARD
Die TV-Rechte rotieren: Die "Sportschau" soll "ran" ablösen, RTL will den DFB-Pokal. Montag fällt die Entscheidung
von Thorsten Jungholt
Wo wird die Bundesliga ihr neues Zuhause haben?
Foto: ddp
Es war Karl-Heinz Rummenigge, der schon vor Wochen eine Vision der künftigen Fußball-Fernsehlandschaft entwarf. Die Bundesliga, so der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, sei in der nächsten Saison nicht mehr bei SAT.1 zu sehen, sondern in der ARD. Die Champions League nicht mehr bei RTL, sondern bei SAT.1. Und der DFB-Pokal wandere von der ARD zu RTL. Teil eins seiner Prophezeiung ist nun eingetroffen: Vergangenen Mittwoch gab SAT.1 bekannt, in den nächsten drei Jahren die Spiele der europäischen Königsklasse zu übertragen. Kostenpunkt: Rund 30 Millionen Euro jährlich, weniger als die Hälfte der bisher von RTL an die Rechteagentur Team überwiesenen 65 Millionen Euro.
"Dieser Abschluss ist nur Beginn der großen Rotation", sagt Rummenigge nun, "ich hoffe, dass auch der Rest so klappt, wie ich das in meiner Vision formuliert habe." Die Chancen stehen gut.
Nach Informationen der WELT am SONNTAG werden sich am Montag der ARD-Vorsitzende Jobst Plog und sein Programmdirektor Günter Struve mit Oscar Frei und Günter Netzer, den Managern der Rechteagentur Infront, treffen, um die Rückkehr des Bundesliga-Fußballs von "ran" (SAT.1) zur ARD-"Sportschau" zu beschließen. Auch ZDF-Intendant Markus Schächter und Wilfried Straub, Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL), sind zu der Verhandlungsrunde geladen. Straub wird erst vor der Tür warten, im späteren Verlauf dann hereingebeten. Sogar ein Fotograf ist bestellt, um bei erfolgreichem Verhandlungsverlauf das abschließende Händeschütteln festzuhalten.
Zwar betont Infront-Chef Frei, dessen Tochterunternehmen Buli-GmbH die Rechte bis 2006 besitzt, offiziell, dass er sich weiterhin einen Abschluss mit dem bisherigen Abnehmer SAT.1 vorstellen könne. Aber er gesteht auch: "Es ist ja kein Geheimnis, dass gegenwärtig Gespräche mit den Öffentlich-Rechtlichen stattfinden und demnächst über die Bühne sein müssten." Sein Exekutive Director Günter Netzer äußert sich deutlicher: "Es ist offensichtlich, dass es nur noch einen Bieter für die Bundesliga gibt. Wir führen seriöse Gespräche mit der ARD."
Zu klären sind morgen im Wesentlichen noch zwei Punkte. An erster Stelle wird es natürlich ums Geld gehen. SAT.1 überwies Infront bisher 80 Millionen Euro pro Jahr für die Free-TV-Rechte. So viel ist in Zeiten rückläufiger Werbeeinnahmen nicht mehr zu erzielen, das letzte Angebot des Privatsenders soll aber immerhin schon wieder bei 60 Millionen Euro gelegen haben. In einem ersten ARD-Gebot soll Struve Netzer die Summe von 55 Millionen Euro genannt haben. Auf den Fluren der ARD kursiert folgende Reaktion Netzers: Der Infront-Manager, gleichzeitig Länderspielkommentator im Ersten, antwortete: "Sie wollen mich beleidigen" - und legte auf.
290 Millionen Euro garantiert Infront der Bundesliga, diese Summe muss refinanziert werden. Sicher sind 150 Millionen Euro von Premiere für die Pay-TV-Rechte, 20 Millionen vom ZDF für die Zweitverwertung im "Aktuellen Sportstudio", geschätzte 15 bis 20 Millionen für die Auslandsverwertung. In dieser Größenordnung liegt auch der Anteil des DSF für die Zweitligarechte. T-Online zahlt 1,5 Millionen für die Internetrechte. Die Lücke zu der 290-Millionen-Garantie muss durch das ARD-Angebot, das inzwischen um 65 Millionen Euro liegen dürfte, geschlossen werden.
Frei weist allerdings auf den zweiten wichtigen Verhandlungspunkt hin. Danach kommt es nicht nur auf die Gesamtsumme, die die ARD biete, an: "Im Free-TV-Bereich gibt es ja auch verschiedene Paketmöglichkeiten. Es muss nicht ein Gesamtpaket veräußert werden." An der Stelle kommen ZDF und RTL ins Spiel. Das ZDF hat - neben dem Spartensender DSF - Interesse an den Sonntagsspielen der Bundesliga. Und RTL kann sich als Ersatz für die verloren gegangene Champions League durchaus vorstellen, sich künftig um den DFB-Pokal zu kümmern. "Live-Spiele mit deutschen Vereinen sind für uns immer interessant", bestätigt RTL-Informationsdirektor Hans Mahr Planspiele seines Senders, "vor allem wenn es sich um einen Brand handelt, den wir gemeinsam mit dem betreffenden Partner entwickeln können." Der Partner hieße Deutscher Fußball-Bund (DFB). Der hat den Pokal zwar an die ARD verkauft, doch bei Vertragsabschluss ließ DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder in weiser Voraussicht eine Klausel in den Kontrakt schreiben. Dort ist festgehalten, dass für den Fall des Erwerbs weiterer Fußballrechte durch die ARD in Sachen Pokal Kontakte mit anderen Sendern aufgenommen werden sollen. Die Klausel hat keine bindende Wirkung, drückt aber immerhin den Wunsch des DFB nach einer Streuung der Fußballrechte aus.
Eine Sublizenzierung des DFB-Pokals an RTL würde auch für die ARD Sinn machen. Denn wenn das Erste, das ja auch die Länderspiele der Nationalmannschaft überträgt, alles an sich reißen würde, droht eine massive Protestaktion der Privaten. "Die Öffentlich-Rechtlichen müssen aufpassen, dass sie sich nicht überfressen", sagt RTL-Boss Mahr, "ich glaube nicht, dass die Masse der Gebührenzahler Verständnis dafür hat, dass die TV-Gebühren nur noch für Fußball verwendet werden." Jürgen Doetz, Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation, ergänzt: "Die Öffentlich-Rechtlichen müssen höllisch aufpassen, dass ihr Wunsch nach einer Gebührenerhöhung durch das Thema Bundesliga nicht von vornherein beerdigt wird." Bei der ARD geht bereits die Angst vor einer bundesweiten Plakataktion von RTL um: Unter vier verdreckten Fußballern ist auf den schon fertig entworfenen Postern der Satz zu lesen: "Diese Millionäre werden von Ihnen bezahlt."
Auch die Ministerpräsidenten sitzen ihren Anstalten im Nacken. Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU) warnt: "Es kann nicht sein, dass der deutsche Gebührenzahler der Subventionierer des Fußballs wird. Es wird kein Sondersubventionierungsprogramm für Sportarten geben. Die Frage der Fußballrechte ist keine Frage der Gebührenerhöhung." Ähnlich hatten sich zuvor bereits seine Kollegen aus Bayern und Rheinland-Pfalz, Edmund Stoiber (CSU) und Kurt Beck (SPD), geäußert.
Auch Karl-Heinz Rummenigge sieht die Gefahr der Gebührendiskussion. "Ich glaube, eine Erhöhung ist nicht notwendig, wenn die ARD den DFB-Pokal an RTL sublizenziert." Das würde einen Teil der Rechtekosten wieder einspielen. Ein weiterer Teil könnte durch einen Großsponsor hereinkommen, der in der "Sportschau" werben darf. Die Mobilfunkfirma Vodafone hatte bereits Interesse signalisiert, der FC Bayern mit seinem Hauptsponsor Telekom aber sein Veto eingelegt.
Rummenigge indes hat schon seine nächste Vision. "Jetzt müssen wir sehen, dass wir durch die große Rotation die 290 Millionen, die Infront garantiert, refinanzieren können. In den nächsten beiden Jahren aber müssen wir wieder Mehrerlöse nach oben erzielen." Wachstumsraten erwartet der Bayern-Boss vor allem in den Bereichen neue Medien (Online und Mobil) sowie Pay-TV, "das jetzt offensichtlich funktioniert. Und dann sind künftig natürlich wieder andere Gelder möglich als das, was im Moment gezahlt wird."
Artikel erschienen am 15. Jun 2003
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