Abschied von Antje

So wird das Walross und langjährige NDR-Maskottchen Antje in Erinnerung bleiben: Hier genießt es im Sommer 2001 bei angenehmen Temperaturen das kühle Nass in Hagenbecks Tierpark in Hamburg. (Foto: ap)

NDR-MASKOTTCHEN / Walross starb mit 27 Jahren. Sondersendungen im NDR. Bald Trickserie.

HAMBURG. Ein einmaliger Vorgang, aber alle können es verstehen, die Antje ins Herz geschlossen haben. Als das NDR-Maskottchen gestern im Alter von 27 Jahren starb, reagierte der NDR mit einer Sondersendung für das Walross: "Abschied von Antje" hieß der Beitrag, dem am Sonntag ab 14.15 Uhr noch eine Sendung im 3. NDR-Programm folgen soll. Titel: "Danke Antje".

"Antje ist in der Nacht sanft entschlafen", sagte Zoodirektor Claus Hagenbeck vom Hamburger Tierpark Hagenbeck. Hier hatte die berühmte Walross-Dame gelebt, die mehr als 20 Jahre das Aushängeschild des NDR war. Der Tod kam nicht überraschend, schon seit Tagen hatte sich Hagenbeck Sorgen gemacht. "Das Tier war nicht krank, sondern alt", sagte er.

Antje gehörte zu den drei ältesten Walrossen der Welt. 27 Jahre - das ist für Walrosse geradezu ein biblisches Alter. In freier Wildbahn werden sie selten älter als 20 Jahre. Antje soll nun ausgestopft werden. Sie wird künftig im Zoologischen Museum zu sehen sein.

Pfleger Heino Susott hatte das Walross von Beginn an gepflegt und gehegt, bis er 1998 in Rente ging. Susott verbrachte sogar manche Feiertage mit seinem "Liebling". So blieb er in den Silvester-Nächten mit Antje im Stall und lenkte sie mit Musik von der Knallerei ab. Dafür durfte er dann mit dem NDR-Maskottchen ins Fernsehen: Bei einem Auftritt in der Sesamstraße präsentierte das Walross seinen Pflege-Vater.

Auch Dirk Stutzki, der in den letzten Jahren für Antje sorgte, hatte das Riesen-Vieh ins Herz geschlossen. Täglich fütterte er das 750-Kilo-Schwergewicht mit viel Frischfisch und mehr als sieben Kilo Fischsuppe, der ein Vitamin-Cocktail und Traubenzucker beigemischt waren.

Der Tierpark zeigte gestern seine Trauer und flaggte Halbmast. "Das sympathische Walross war ein Wahrzeichen von Hamburg", erklärte Bürgermeister Ole von Beust. Für "Tagesthemen"-Moderator Ulrich Wickert war Antje die "ideale Fernseh-Figur: Sie widersprach niemandem, sie strahlte Liebenswürdigkeit aus und gab uns allen ein Gefühl der Geborgenheit, wenn wir sie sahen". Und auch "Tagesschau"-Sprecher Jo Brauner ist betrübt: "Antje war für mich der NDR und Hamburg. In der manchmal kalten heutigen Computer-Welt war sie ein kleines Pünktchen des "Tierisch-Menschlichen."

Antje war 1976 im Alter von sechs Monaten aus Russland in den Hamburger Zoo gekommen. Das schwache Jungtier war zuvor von Jägern im Nordpolarmeer gefangen und in einen Moskauer Zoo gebracht worden. In Hamburg wurde Antje aufgepäppelt und avancierte schnell zum Publikumsliebling: Sie spielte auf einer Mundharmonika, die ihr ein Pfleger hinhielt, prustete mit Wasser und wurde so zum Werbestar. 1978 zeigte der NDR den ersten Pausenfilm mit Antje - die Flossen auf den Beckenrand gestützt und heftig in die Kamera schnaubend.

Kurz darauf wurde das Walross zum Sender-Maskottchen gekürt. Als der Sender die alte Dame Ende 2001 im Zuge einer Design-Umstellung in den Ruhestand schickte und sie aus seinem Logo strich, gab es heftige Zuschauerproteste.

Das Wahrzeichen wird aber weiterleben. Walross Antje bekommt als Zeichentrickfigur eine neue Identität und erlebt mit seinem Gefährten, dem Fisch Schlüter, humorvolle Abenteuer. Zu sehen sein wird die neue, von Janosch gezeichnete Antje ab September im "Tigerentenclub" der ARD. (NRZ/dpa)
17.07.2003 KARLHEINZ BURANDT und MAJA ABU SAMAN
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