Ist zwar nicht direkt Presse von heute, sondern der EH-World Artikel über die Lions aber ich knall ihn einfach mal hier rein:
Frankfurt Lions: Steiler Aufstieg oder freier Fall
Seit drei Spielzeiten versuchen die Frankfurt Lions in die Erfolgsspur zurückzukehren, sprich die Play-Offs zu erreichen. Das schafften die Löwen vom Main zuletzt in der Saison 1999/2000. Doch anstatt an die Erfolge anzuknüpfen ging es stetig bergab. Bis in der vergangenen Spielzeit der endgültige Tiefpunkt erreicht wurde: Vorletzter der DEL-Tabelle und der unangenehme wie peinliche Gang in die Play-Downs. Die Serie gegen die Schwenninger Wild Wings ging als I-Tüpfelchen auf die blamable Leistung verloren. Aufgrund der bekannten finanziellen Schwierigkeiten stiegen jedoch die Schwarzwälder anstelle der Frankfurter ab. Der Imageschaden für die Mainstädter hätte dennoch nicht größer sein können.
Also, Ärmel hochkrempeln, erneut das Gros des Kaders austauschen und neu an Anlauf nehmen? Die Skepsis unter der Anhängerschaft ist groß – das Vertrauen in die Führung der Lions klein. Unstimmigkeiten auf und abseits des Eises, enttäuschende Leistungen, Entlassungen und schließlich Verletzungspech: Die Liste der Probleme, Versäumnisse und Unzulänglichkeiten wuchs immer weiter und die Mutation vom Play-Off-Kandidaten zum sportlichen Absteiger nahm ihren Lauf.
Klar, dass Lions-Boss Gerd Schröder die Talfahrt nicht länger hinnehmen und endgültig stoppen wollte – und dabei räumte er eigene Fehler ein. Es reicht nicht mehr, die sportliche Leitung, in Person von Manager Lance Nethery und Neu-Trainer Rich Chernomaz zu beauftragen, einen erfolgsversprechenden Kader zusammenzustellen. Das ging schon die vergangenen drei Spielzeiten schief, als die ambitionierten Ziele weit verfehlt wurden. Vielmehr sehen sich die Lions im totalen Um- und Aufbruch. Und das bedeutet sich an die eigene Nase zu fassen und vor der eigenen Haustür zu kehren. Erfolgreich Eishockey zu spielen ist dabei das Mindeste. Und leider ist der Kredit beim Großteil der Anhänger aufgebraucht, was sich am schleppenden Kartenvorverkauf zeigt. Und auch die Sponsoren stehen bei dem Klub aus der Mainmetropole mit den theoretischen Standortvorteilen gegenüber kleineren DEL-Klubs längst nicht mehr Schlange. Hauptsponsor Postbank sprang aufgrund der Misserfolge ab.
Doch die Lions sind merklich bemüht, ihr Image und das Verhältnis zu Fans uns Sponsoren aufzupolieren. So wurden auf Initiative der Lions-GmbH, mit positiver Resonanz der Anhängerschaft, drei Fanbeauftragte gewählt. Zudem können sich die Dauerkartenbesitzer für die kommende Saison auf eine im Saisonticket enthaltene Spielausfallsversicherung berufen. Die Idee dahinter: Ist der Inhaber des Saisontickets aus zwingenden Gründen, beruflichen oder eigener Erkrankung bzw. dessen Frau oder Kindes, verhindert an einem Heimspiel (oder mehreren) beizuwohnen, tritt der Versicherungsfall ein. Der Ausfall wird dann rückvergütet, die Prämie übernimmt ein Sponsor. Auf diversen Frankfurter Festen wurden und werden Gutscheine mit 20 Prozent Preisnachlass für Spieltickets verteilt und somit um die Gunst der Zuschauer geworben. Und der Service für die Zuschauer in und um die Eissporthalle am Ratsweg soll in der kommenden Saison verbessert werden und wird einiges an Neuem und Überraschungen bereithalten, mehr Entertainment für den harten Euro.
Aber auch das spielende Personal darf sich auf intensivere Betreuung freuen. Vereinzelte Klagen und Problemberichte von Spielern und deren Familien, die vergangene Saison zeitweilig in der lokalen Presse die Runde machten, dürften der Vergangenheit angehören. Der Wohlfühlfaktor für die Cracks samt deren Anhang soll sich deutlich erhöhen. Nur so lässt sich auch die volle Leistungsfähigkeit einfordern.
Wer aber soll die Lions wieder auf Kurs bringen? Torwart Ian Gordon kommt von den Schwenninger Wild Wings. Mit überdurchschnittlichen Referenzen führte der Kanadier ein dreijähriges Schattendasein beim unterdurchschnittlich abschneidenden Klub – und zeigte starke Leistungen. Jetzt steht er im Rampenlicht und muss seine Klasse bestätigen. Niederlagen in Schwenningen waren einkalkuliert, Siege wurden groß gefeiert. Bei den Lions ist es umgekehrt, hier muss Gordon auch mal Spiele gewinnen, hier steht der im Rampenlicht. Auch, weil mit Dominic Roussel, Pokey Reddick und Jukka Tammi ausgezeichnete Vorgänger das Tor hüteten. Marc Dillmann, der vom Oberligisten EC Peiting an den Main wechselt, wird über die Rolle des Backup nicht hinauskommen.
Die Eckpfeiler der Defensive werden Paul Stanton und Francois Bouchard, punktbester Verteidiger des ERC Ingolstadt in der zurückliegenden Spielzeit, bilden. Letzterer wird die offensive Rolle neben dem schwedischen Defensivmann Mikael Magnusson geben. Beide haben in der Saison 2000/2001 bei den Djurgardens IF erfolgreich harmoniert.
Vom jungen Jonas Stöpfgeshoff ist eine Leistungssteigerung zu erwarten, nachdem er sich in der vergangenen Saison immer besser in der DEL zurecht fand. Sebastian Klenner ist da schon deutlich erfahrener und will sich durchaus auch wieder für die Nationalmannschaft empfehlen nach einer eher durchschnittlichen Saison in Hannover. Markus Jocher dürfte für die physische Note in der Defensive sorgen, sollte aber seine spielerischen Qualitäten nicht vernachlässigen. Die letzte Position in der Defensive wird durch den aus der AHL kommenden Kanadier Peter Ratchuk besetzt. Michael Bresagk, dessen Frau Simone im Juni 2003 nach kurzer schwerer Krankheit verstarb, wurde ein „Pay-per-play“-Vertrag angeboten.. Stéphane Richer, dessen Comeback nach seiner erneuten Knieverletzung äußerst fraglich war, wird hinter der Bande Rich Chernomaz als dessen Co-Trainer unterstützen.
Im Sturm bündeln sich alle Hoffnungen auf zwei Namen. Jesse Belanger, verpflichtet von den Hamburg Freezers und Torjäger Patrick Lebeau. Das franko-kanadische Duo soll die nötigen Tore schießen und die Fans mit technisch hohem Niveau begeistern - und das müssen sie auch. Wer das Duo komplettieren wird, dürfte sich erst im Laufe der Testspiele bis zum Saisonstart herausstellen. Mögliche Rechtsaußen-Kandidaten: Robert Francz oder Dwayne Norris. Die zweite Reihe soll Jason Young und Center Mike Harder besetzt werden. Ganz entscheidend für den Erfolg der Lions wird sein, ob Mike Harder, der vergangene Saison beim HC Meran in Italien 42 Scorerpunkte erzielte, in der DEL Fuß fassen und zeigen0 kann, dass er die erhoffte Überraschung ist. Die dritte Reihe könnte somit aus Nationalstürmer Martin Reichel (seit langem haben die Lions mal wieder einen Nationalmannschafts-Stammspieler im Aufgebot), Christian Kohmann und David Sulkovsky bestehen.
Für die vierte Reihe stehen die Förderlizenzler Mark Etz und Michael Hackert bereit. Mit insgesamt elf Stürmern werden die Lions zunächst in die Saison gehen. Nachgerüstet wird dann wahrscheinlich während des Spielbetriebs. Das wird sicher aber auch nötig sein. Zwar verfügt die Offensive mit Jesse Belanger und Pat Lebeau über zwei absolute Ausnahmekönner – es mangelt aber an Tiefe. Drei Ausländerlizenzen, zwei wenn der angekündigte Verteidiger in den nächsten Wochen zu der Mannschaft stößt, haben die Lions zur Verfügung. Der neue Kader wird den Geldbeutel um 15-20 Prozent entlasten.
Mit Chris Snell und Victor Gervais haben zwei „Urgesteine“ keinen neuen Vertrag erhalten. Damit sind die letzten Spieler der Bernie Johnston-Ära Frankfurter Eishockeygeschichte. Auf den neuen Coach Rich Chernomaz und Manager Lance Nethery lastet dennoch nicht weniger Druck. Und ganz in die Tradition Frankfurter Übungsleiter eingereiht, scheint der Trainer auch diesmal wieder das schwächste Glied in der Kette. Bleibt zu hoffen, dass der Kanadier das Team schnell zu einer Einheit formt, die erfolgreicheres Eishockey spielt, als zuletzt. Die Mischung als jung und alt, offensiv und defensiv und einem starken Torhüter stimmt. Wobei ein bis zwei weitere Cracks, gerade in der Offensive, dem Kader noch fehlen. Orientieren muss man sich am breiten, dicht besetzen Mittelfeld der DEL-Teams, das um die Play-Off-Plätze kämpft. Zünglein an der Waage könnte dabei das Erkennen und Beseitigen eigener Fehler sein. Ein, wenn nicht der Schlüssel zum Erfolg, den die Lions in den vergangenen drei Spielzeiten vergeblich suchten. Dazu gehört: Auswärts ebenso aufopfernd kämpfen wie vor heimischer Kulisse, Disziplinlosigkeiten, wie sie gerade in der ersten Hälfte der Saison zuhauf auftraten, unterlassen und Strafzeiten vermeiden (keine andere Mannschaft stand länger in Unterzahl auf dem Eis); das eigene Überzahlspiel ausnutzen und sich zudem nicht auf einen Torwart verlassen, der zwar sehr gut ist, aber eben auch nicht alles halten kann.
Quelle: Eishockey World Sonderheft