RE:DFB-Pokal Auslosung

Interview mit Bernd Hölzenbein, es geht um das Pokal-Derby, über die WM 1974, die anstehende Saison und einiges mehr.

(Quelle: eintrachtfans.de)

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Was sagst Du denn zur Pokalauslosung?
Ich kann nur das wiederholen, was ich gegenüber FFH gesagt habe, dass ich mich für den Dieter Müller freue, da er leidgeprüfter Präsident der Kickers ist. Es kann diesem Verein einen Schub geben. Für die Eintracht ist das natürlich auch eine spannende Sache, aber finanziell lange nicht so wichtig wie für Offenbach. Ich freue mich für die Kickers, denn ich kenne bei denen so viel Leute, wie Waldemar Klein, ein super Typ, der auch beim Bild-Fest war und sich mit Eintracht-Präsident Fischer und allen herzlichst umarmt hat. Wenn das die Fans sehen würden, die sich untereinander spinnefeind sind, wie hervorragend sich die Führungspersonen verstehen...
Klar, es gehört dazu und macht natürlich auch Spaß, dass es Reibungen gibt. Aber man sollte die Kirche im Dorf lassen. Es darf nicht eskalieren. Bei Länderspielen halten die Fangruppen ja auch zusammen, da sollte es doch möglich sein ein tolles Fußballfest ohne Ausschreitungen zu erleben!
Wie hast Du damals als Spieler die Derbys erlebt? Mit viel Ruhm hat sich die Eintracht da nicht gerade bekleckert... Der letzte Sieg auf dem Bieberer Berg war 1971, wozu Du ja auch ein Tor beigesteuert hast.
Ja, das andere Tor hat Bernd Nickel geschossen. Nebenbei bemerkt, auf Flanke von mir. Das erste Tor hatte ich geköpft, aber das Traumtor vom Nickel ist einfach in Erinnerung geblieben. Es war wirklich ein sensationelles Tor!
Dein Flugkopfball war aber auch klasse!
Ja, aber das schönere Tor hat Bernd Nickel per Seitfallzieher erzielt.
Tja, der letzte Sieg dort, danach gab es nur noch Niederlagen...
Bei einem Spiel, am Anfang meiner Karriere, wurde ich als Libero aufgestellt, nachdem wir nach zehn Minuten mit 0:2 zurücklagen, war das Experiment schnell beendet... Es war das einzige Mal in meiner Laufbahn, dass ich Libero spielte. Das hatte sich Erich Ribbeck so ausgedacht. Na ja, danach bin ich wieder nach vorne. Hat aber auch nicht mehr geholfen - wir haben mit 3:0 verloren.
Haben die Offenbacher die Derbys ernster genommen? Oder wie ist es zu erklären, dass die Eintracht meistens ihrer Favoritenrolle nicht gerecht wurde? Selbst als Tabellenführer ging man dort mal mit 2:5 unter.
Ihr müsst Euch überlegen, dass es damals als Spieler nicht leicht auf dem Bieberer Berg war. Die Schiedsrichter sind durch das Umfeld beeinflusst und Du bekamst schnell mal den Ellenbogen in den Bauch gestoßen, oder einen Tritt von hinten. Das hat damals niemand mitbekommen. Es war gerade mal, wenn überhaupt, eine Fernsehkamera im Stadion.
Ich kann mich erinnern, dass damals Otto Rehagel Amand Theis (er spielte gegen mich) zurief: "Hau ihm auf die Knochen" Darüber stand am nächsten Tag in der Zeitung eine kleine Notiz. Daraufhin erhob der DFB Anklage gegen Rehagel. Jeder, der Fußball spielt, weiß doch, dass solche Sprüche immer wieder fallen, aber nicht so gemeint sind. Danach wurde Otto Rehagel bekanntlich gesperrt.
Wie hast Du als Spieler nach verlorenen Derbys die Tage in Frankfurt erlebt. Durftest Du Dich da überhaupt beim Bäcker, oder auf der Straße blicken lassen?
Nun, ich wohnte ja nicht in Frankfurt, da gab es eigentlich nichts, woran ich mich noch so richtig erinnern könnte.
Das Schlimmste waren Sonntag morgens die Noten in der Bild-Zeitung. Oh je... Die Verwandtschaft, die Freunde, alle haben diese Noten studiert. Noten wie in der Schule. Aber nicht alle halbe Jahre, sondern jeden Sonntag. Das war manchmal der Horror. Ich habe mich oft nicht getraut die Seite aufzuschlagen. Erst mal so ein bisschen gekuckt - oh, wieder 'ne Fünf...
Aber das war doch bei Dir eher selten der Fall?
Ja, zum Glück.
Meistens wurden die Noten telefonisch an die Redaktion durchgegeben, als das Spiel noch lief, da die Journalisten früher noch keine Laptops hatten und der Redaktionsschluss drängte. Es waren andere Zeiten. War aber trotzdem eine schöne Zeit.
Früher waren auch die Trikots viel schöner. Hast Du noch welche?
Ja, ich hab noch ein paar zuhause. Da wundere ich mich, dass ich damals da reingepasst habe.
Hast Du noch 74er Trikots, die Ihr damals getauscht habt?
Ja, da habe ich auch noch welche. Ich hab auch noch das Pezzey-Trikot von der WM 78 und im Grunde von jedem meiner Länderspiel. Meine Mutter hat die gesammelt.
Mit wem hast Du beim 74er WM-Finale getauscht?
Mit Wim Suurbier, mein damaliger Gegenspieler bei den Holländern auf der rechten Seite. Der hatte übrigens später ebenfalls in den USA gespielt.
Die 0:1 Pleite gegen die DDR muss doch eine Qual gewesen sein? Ganz (West-) Deutschland war über die Niederlage entsetzt. Wie war das damals bei Dir nach dem Spiel?
Für mich war das keine Qual. Ich saß damals gegen die DDR auf der Tribüne. Wenn Du Ersatzspieler bist und so ein Spiel wird verloren, da glaubst Du doch nicht, dass Du dann total enttäuscht bist. Das ist doch Deine einzige Chance! Wenn wir gegen die DDR gewonnen hätten, wäre ich doch nie reingekommen! Es war mir doch klar, dass ich jetzt meine Chance bekomme. Franz Beckenbauer hatte nach dem Spiel getobt. Danach flogen vier Mann raus. Und ich bekam dann auch meine Chance. Das ist doch völlig normal, dass ich nicht so traurig war. Natürlich war das für Deutschland eine unglaubliche Niederlage, womit kein Mensch gerechnet hatte.
Bei einem Sieg wären wir außerdem noch in die Gruppe mit Brasilien und Holland gekommen. Gut möglich, dass wir dann vielleicht nicht mehr ins Finale gekommen wären. Wir hatten, aufgrund der Niederlage gegen die DDR, Jugoslawien, Schweden und Polen als Gruppengegner.
Tja, Weltmeister und ein paar Wochen später Pokalsieger!
Heute undenkbar, dass erst in der drauffolgenden Saison das Pokal-Finale stattfindet. Du kommst ins Endspiel, und Spieler, die eigentlich dazu beigetragen haben, dass Du überhaupt dahin gekommen bist, sind dann schon nicht mehr dabei. Unfassbar!
Bei der gegnerischen Mannschaft, dem HSV, stand Willi Reimann auf dem Platz.
Hoffentlich ist er deswegen nicht sauer auf mich. Ich war in dem Spiel in einer wirklich sehr guten Form. In der Verlängerung hatte ich den Ball dem "Scheppe" Kraus aufgelegt. Von der Mittellinie aus konnte ich fünf Mann überspielen. Die waren wohl alle schon kaputt.
Das war das Tor zum 3:1 Endstand. Zuvor hast Du das 2:1 erzielt.
Bernd Nickel hatte mir den Ball in die Gasse gelegt, dann kam der Torwart raus und ich hob den Ball über Kargus ins Tor.
Zur aktuellen Situation: Die sogenannten "Experten" prophezeien der Eintracht den sofortigen Wiederabstieg. Günter Netzer schließt sich dieser weitläufigen Meinung nicht an. Er sagte, wenn an Willi Reimann festgehalten wird, könnte der Klassenerhalt gepackt werden. Wie siehst Du das?
Ich sehe die Eintracht auch nicht als hoffnungslosen Fall an. Im Kader stimmt die Mischung und es herrscht offenbar eine gute Stimmung. Für die notwendige Disziplin ist Willi Reimann der Garant. Natürlich darf man die bisherigen Testspiele gegen Bezirksligisten nicht überbewerten, aber wenn man Reimann machen lässt, der ein hervorragender Trainer ist, kann man den Klassenerhalt schaffen.
Bum Kun Cha schaute beim ersten Training seines Sohns Du Ri am Waldstadion vorbei. Er scheint happy zu sein, dass sich sein Sohn jetzt ebenfalls das Eintracht-Trikot überstreift.
Ich habe mit Bum Kun Cha noch immer sehr guten Kontakt. In den letzten Wochen haben wir uns oft getroffen. Darüber hinaus ist Cha mit Bernd Nickel eng befreundet. Er ist wirklich froh darüber, dass sein Sohn jetzt bei der Eintracht spielt.
Du Ri Cha ist sehr schnell und zweikampfstark, dadurch erspielt er sich viele Chancen. Er wird aber auch einige gute Tormöglichkeiten vergeben, da er noch ein junger hitzköpfiger Spieler ist.
Wurde mit Nico Frommer die Offensive verstärkt?
Bestimmt. Von Frommer verspreche ich mir einiges. Ein großes Talent. Außerdem scheint er charakterstark zu sein, was nicht zuletzt sein Tor für Reutlingen gegen die Eintracht beweist.
Für die Verteidigung wurde mit Cipi ein Spieler geholt, der gegnerischen Spielern von seiner Statur her Respekt einflössen könnte. Das ist zumindest unser Eindruck.
Klar, aber das muss man einfach abwarten. Was hat man damals alles über Rada gesagt? Ich kenne Cipi einfach zu wenig, um mir jetzt schon ein Urteil erlauben zu können.
Eher für die Kreativabteilung wurde Kreuz geholt. Dort gab es in der letzten Saison eigentlich nur Skela.
Nach dem Weggang von Gui-Mien blühte Skela in der Rückrunde richtig auf und hat natürlich einen großen Anteil am Aufstieg. Manchmal übertreibt er es aber am Ball, damit könnte er in der Bundesliga Probleme bekommen. Das muss er abstellen.
Mit völlig unerfahrenen Spielern gehen wir ja nicht in die Bundesliga, wenn wir beispielsweise an Schur, Bindewald oder Keller denken.
Alex Schur hat eine vorbildliche Einstellung! Er will immer alles geben und geht daher in jedem Spiel voll rein. Nicht um den Gegenspieler zu verletzen, sondern weil es einfach sein Anspruch an die Einsatzbereitschaft ist. Dadurch ist er aber leider sehr Karten-Anfällig.
Der Alex ist ein Ur-Frankfurter. Erstmals wurde er von Stepi bei der Eintracht eingesetzt, wenige Tage nach meinen Abschied damals. Nun, als er dann kam, galt Stepi als sein Entdecker. So geht's manchmal.
Uwe Bindewald ist für mich ein absolutes Phänomen! Bei jedem Trainer war er Stammspieler. Egal ob es um die Meisterschaft oder gegen den Abstieg ging. Ich glaube, wenn ich Trainer wäre, würde ich ihn auch regelmäßig aufstellen. Er ist natürlich kein Virtuose am Ball, aber durch seine Schnelligkeit gleicht er das wieder aus.
Jens Keller entpuppte sich für mich als der wichtigste Transfer im letzten Jahr. Ein absoluter Führungsspieler, der die Abwehr und die gesamte Mannschaft hervorragend dirigieren kann.
Du hast eben Deinen Abschied bei der Eintracht als Manager kurz angesprochen. Wir hätten uns alle einen schöneren gewünscht.
Nach dem Abstieg 1996 griff das Bosmann-Urteil. Auf einmal verpuffte einfach so ein Spielerwert von ca. 30 Millionen Mark. Wir mussten damals sogar froh sein, dass wir für Köpke und Okocha noch Geld bekommen haben und der DFB eine Übergangsregelung für ein Jahr fand, so dass wir in der Bilanz die Spielerwerte wenigstens noch mit 50 % ansetzen durften. Trotzdem stand ich damals als Buhmann in der Öffentlichkeit. Ich war derjenige, der Schulden hinterlassen hat.
Mir wird auch vorgeworfen, dass mir in den letzten Jahren das richtige Nässchen bei Transfers gefehlt hat. Furtok, z. B., erzielte in der Saison, bevor er zur Eintracht kam, 20 Tore für den HSV. Auch bei uns hatte er zumindest einen guten Einstand. Denken wir nur an den 4:0 Sieg zum Saisonauftakt unter Toppi in Gladbach zurück. Was danach von ihm kam, war allerdings eine Katastrophe. Dann kam noch hinzu, dass Yeboah wegen einer langen Verletzung ausfiel. Wir mussten zur Winterpause noch mal handeln, aber der Markt war leergefegt. Wir entschieden uns damals für Milhalovic, finanziell überhaupt kein Risiko, da er für ein geringes Grundgehalt von uns verpflichtet wurde. Er konnte natürlich nicht annähernd die Lücke schließen, die Yeboah durch seinen Ausfall gerissen hatte. Aber das war mir natürlich damals auch klar. Es gab damals einfach keinen adäquaten Ersatz für Yeboah, bezahlbar schon gar nicht, aber wir mussten handeln.
Wäre es im Nachhinein nicht sinnvoll gewesen Rudi Völler zur Eintracht zu holen?
Rudi war einfach viel zu teuer für uns. Ich war mir nicht sicher, ob sich so ein finanzieller Kraftakt, der für uns nötig gewesen wäre, sportlich ausgezahlt hätte.
In Leverkusen erzielte er noch viele Tore und es entstand da eine richtige Rudi-Euphorie. Bei uns wären mit großer Wahrscheinlichkeit auch mehr Dauerkarten verkauft worden, mehr Zuschauer ins Stadion gekommen. Der Trikotverkauf hätte wohl auch gehörig gesteigert werden können.
Radio FFH rief damals sogar zu einem Spendenaufruf auf, damit wir Rudi Völler verpflichten können. Ich rief den Rudi an: "Willst Du Dir das hier wirklich antun? Dass Du nur deswegen zur Eintracht kommen kannst, weil hier vielleicht 2 oder 3000 Fans für Dich gesammelt haben?"
Vielleicht war es ein Fehler ihn nicht zu holen. Ich habe einige Fehler gemacht. Mag sein, dass das einer davon war. Er hat in Leverkusen einiges bewegen können. Es hatte allerdings auch nicht viel gefehlt, dann hätte Andy Brehme den Rudi trösten müssen, denn Leverkusen wäre abgestiegen.
Hast Du noch viele Kontakte zu ehemaligen Spieler oder Entscheidungsträgern in der Bundesliga?
Ja, ich habe z.B. einen guten Kontakt zum Uli Hoeness. Er ist für mich der Topmann unter den Fußball-Managern in Deutschland. Er hat Ahnung vom Fußball und ist betriebswirtschaftlich ein absoluter Fachmann. So einen wie ihn, findet man nicht mehr oft in der Liga.
Mit Franz Beckenbauer und Uwe Seeler kommt es oft zu einem Meinungsaustausch. Meist treffen wir uns beim Golf spielen. Zu Wolfgang Overath habe ich einen ganz hervorragenden Draht. Über die Uwe Seeler Traditions-Mannschaft, für die ich oft spiele, schlafen die Kontakte zu ehemaligen Nationalmannschaftskameraden nicht so schnell ein.
Bernd, herzlichen Dank für das sehr unterhaltsame Interview!

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