Hintergrund
Die NHL bekommt Konkurrenz
Bobby Hull schoss 610 NHL-Tore. Nun soll seine WHA der NHL den Rang ablaufen.
München - Eishockey-Legende Bobby Hull sagt der NHL den Kampf an. Ein Jahr bevor die "World Hockey Association" als zweite große Profi-Liga an den Start gehen soll, wurde der "Golden Jet" jetzt zu deren Präsident ernannt.
Seinen Sohn Brett, derzeit noch bei den Detroit Red Wings, will er als eines der Zugpferde der neuen Liga gewinnen. "Es gibt einige Spieler, die wie Brett am Ende ihrer Karriere stehen und die während eines NHL-Streiks gerne spielen möchten", meinte Hull Senior vielsagend.
Nutznießer der NHL-Krise
Denn der NHL steht ein längerer Arbeitskampf ins Haus. Nach der kommenden Saison muss ein neuer Tarif-Vertrag zwischen Teambesitzern, der Spielergewerkschaft NHLPA und den Fernsehsendern ausgehandelt werden.
Die Kosten für Gehälter sind in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen - die Fernseh-Quoten dagegen schrumpfen. Die Sender werden wohl deutlich weniger Geld bieten, während so mancher Teambesitzer die Einführung einer Gehaltsobergrenze, eines "Salary Cap", fordern wird.
Ein zäher und langwieriger Poker mit der NHLPA ist vorprogrammiert.
Massenwanderung der Stars?
Der letzte Arbeitskampf hatte 1994-95 dazu geführt, dass die Saison erst im Januar startete und nur 48 Spiele der Regular Season gespielt wurden. In WHA-Kreisen rechnet man damit, dass es durchaus eine Saison oder länger dauern könnte, bis ein neuer Vertrag ausgehandelt sein wird.
Ein "Lockout", ein Ausschluss der Spieler durch die Besitzer, würde nicht nur den Ruf der NHL weiter beschädigen, sondern gleichzeitig die neue Liga mit Stars versorgen, die sich während der Zwangspause hier fit halten können.
Zweite WHA auch mit europäischen Teams?
In welchen Städten die WHA spielen wird, steht erst ansatzweise fest. Phoenix und Minneapolis sind wohl dabei, obwohl es in beiden Städten NHL-Teams gibt. Mindestens zehn weitere Teams sollen bis 2004 dazu kommen. Sogar über eine interkontinentale Liga mit europäischen Teams wird nachgedacht.
Ganz neu ist die WHA übrigens nicht: Schon zwischen 1972 und '79 schreckte sie den großen Bruder, indem sie NHL-Stars wie Hull oder Gordie Howe abwarb und neue Stars wie Wayne Gretzky hervorbrachte.
Auch diesmal dürfte die NHL über den neuen, alten Rivalen nicht erfreut sein. Ein NHL-Sprecher wollte die Neugründung aber nicht kommentieren.
Harsche Kritik an der NHL
Dagegen geizt Hull Senior nicht mit Kritik für die NHL. In der letzten Saison befanden sich mit Buffalo und Ottawa zwischenzeitlich zwei Teams im Konkursverfahren, andere Klubs wie Pittsburgh oder Calgary sind seit Jahren dauergefährdet.
"Um überhaupt weitermachen zu können, muss die NHL zu tiefen Einschnitten bereit sein. Es muss ein Salary Cap her und die Einnahmen müssen fair über die Teams verteilt werden. Irgendwann werden die Teambesitzer zur Spielergewerkschaft sagen: "Wenn ihr das nicht mitmacht, seid ihr aus dem Geschäft.""
Hull schon zum zweiten Mal dabei
Und Hull, der damals als einer der ersten großen NHL-Stars in die Konkurrenzliga wechselte, hat mit der wiederbelebten WHA ehrgeizige Pläne: "Damals wollten wir Profi-Eishockey in die von der NHL vergessenen Regionen Nordamerikas bringen."
"Heute wollen wir das Spiel wieder zum bezahlbaren Familiensport machen. Wir müssen die Kids wieder in die Stadien bringen."
"Das Spiel wieder besser machen"
Auch das Spiel selbst soll attraktiver werden. Wie im internationalen Eishockey soll die rote Linie abgeschafft werden, durch weniger Abseits-Unterbrechungen erhofft man sich mehr Dynamik.
Behinderung und alles, was den Spielfluss hemmt, soll konsequenter mit Strafzeiten geahndet werden. Beim Bau neuer Arenen soll die international übliche, breitere Eisfläche eingeführt werden, um den Stars mehr Platz zu
verschaffen.
Erfolgsaussichten der WHA aber fraglich
Welche Erfolgsaussichten das Projekt "WHA 2" hat, ist allerdings fraglich. Bei ihrem ersten Auftritt hatte die WHA mit großen finanziellen Problemen zu kämpfen. Immer mehr Teams verschwanden von der Bildfläche, bis die Liga 1979 schließlich aufgelöst wurde.
Vier Teams fanden damals Zuflucht in der NHL. Heute sind die Edmonton Oilers aber das letzte "Fossil" aus der alten WHA.
André Stoltzenburg
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