Trotzdem gibt es für Lions-Coach Goring noch viel zu tun
Von Matthias Kittmann
Vorsicht ! Kleine Aufwärtstrends hat es bei den Lions in dieser Saison schon einige gegeben, und meist waren sie nach spätestens zwei DEL-Spielen wieder vorbei. Deshalb sei an dieser Stelle gewarnt: Alles, was hier an Positivem bei den Frankfurt Lions nach dem 4:3-Sieg gegen die Augsburger Panther aufgezählt wird, kann heute Abend schon wieder ganz anders aussehen, dann nämlich, wenn die Lions bei den Berlin Capitals spielen (19.30 Uhr), wo sie noch nie Bäume ausgerissen haben.
Daher sind auch die Einschätzungen des neuen Eishockey-Trainers Butch Goring nur Momentaufnahmen nach dessen erstem Spiel in der DEL. Sein positives Fazit, "das Tempo in der DEL ist höher, als ich erwartet habe", resultiert auch daraus, dass die Augsburger ein spielstarker Gegner waren, der sich nicht nur im eigenen Drittel verschanzte. Da wird Goring noch ganz andere Mannschaften kennen lernen. Und auch mit dem Schiedsrichter hatte er Glück. Einen Unparteiischen im Wortsinn wie Axel Rademaker trifft man auch nicht alle Abende, im Gegenteil, Rademakers gute Leistung stellt in der DEL leider eine Rarität dar. So bekam Butch Goring nicht nur die Schokoladenseite der Lions, sondern auch die der DEL zu sehen.
Am guten Eindruck der Lions hatte er immerhin selbst seinen Anteil. Mit dem neuen System, bei dem die Mannschaft weiter aufrückt und zwei Stürmer Forechecking betreiben, wirkte das Team deutlich aggressiver und kam vor allem bei Puckgewinn schneller vor das gegnerische Tor. Das wirkte sich zwar nicht auf die Anzahl der Chancen aus - die Lions gaben vergleichsweise bescheidene 28 Schüsse auf das Tor des Augsburger Keepers Magnus Eriksson ab -, dafür war die Qualität der Möglichkeiten besser. "Ich kann nichts über die Arbeit meiner Vorgänger sagen, aber die Platzierung der Lions beweist, dass die bisherigen Systeme nicht funktioniert haben", analysierte Goring.
"Checken kann jeder", hatte der Trainer zuvor angekündigt, "wegdrehen, um sich nicht wehzutun, wird es bei mir nicht geben." So resultierten auch drei der vier Lions-Tore aus Puckgewinnen nach gewonnenen Zweikämpfen. Ein Aspekt, der Goring gefallen haben dürfte und Grund dafür war, dass die Lions dieses Spiel überhaupt noch für sich entschieden. Denn der frühe Rückstand nach 42 Sekunden ließ Schlimmes erahnen, und Goring gestand später, gedacht zu haben: "Oh Gott, das geht ja toll los !" Zumal die Abwehr in dem Moment alles andere als glücklich aussah und Torhüter Leo Conti nach dem erst zweiten Schuss hinter sich greifen musste.
Contis Form war ohnehin die große Unbekannte vor dem Spiel gewesen. Der 23-Jährige, der bislang in dieser Saison nur wenig zum Einsatz kam, musste mit dem Druck leben, keine Rückversicherung vom Kaliber eines Eldon Reddick auf der Bank zu haben, der ja bekanntlich gesperrt ist. Conti war also zu guter Leistung verdammt und lieferte sie auch nervenstark ab. An den drei Toren war er schuldlos, dafür wehrte er im ersten Abschnitt 18 Schüsse ab, und im letzten Drittel wurde er gar zum Matchwinner, als er nach der Lions-Führung gleich mehrere hochkarätige Ausgburger Chancen zunichte machte. Dafür bekam er ein Sonderlob von Butch Goring: "Conti hat sehr gut gehalten."
Dennoch gibt es noch einiges zu tun. Das Powerplay sah zwar schon flüssiger als zuletzt aus, ein Tor gelang dennoch nicht, obwohl die Lions sogar für 50 Sekunden eine 5-3-Überzahl hatten. Gleichwohl war Goring fürs Erste zufrieden: "Wenn das jetzt künftig auch noch klappt, können wir so ein Spiel schon früher entscheiden."
Nach seinem ersten Sieg im ersten Spiel strahlte der Coach großen Optimismus aus, "in der Mannschaft steckt einiges Potenzial". Er war sogar von der Leistung der Lions so angetan, dass er sich umgehend erkundigte: "Wie viel Punkte Abstand haben wir zu einem Play-off-Platz ?" Entweder ist Goring ein Siegertyp, der nie aufgibt, oder er hat von seiner Mannschaft einfach noch nicht genug gesehen. Heute Abend in Berlin wird er schlauer sein.
Neue Besen kehren gut. Die abgedroschen klingende Weisheit trifft zumindest in der aktuellen Situation auf den Eishockey-Zweitligisten EC Bad Nauheim zu. In den ersten 15 Spielen im neuen Jahr gab es unter dem inzwischen entlassenen Trainer Harold Kreis die Schreckensbilanz von nur einem Sieg. Sein Nachfolger Greg Pruden kam, sah und siegte. In den ersten beiden Spielen unter der Regie des 42-jährigen Kanadiers holten die Roten Teufel die stolze Bilanz von sechs Punkten. Dem schwer erkämpften 6:5-Heimerfolg gegen den EC Regensburg folgte ein fast unglaubliches 3:0 der Bad Nauheimer in der fernen Lausitz beim ES Weißwasser.
"Die Jungs haben taktisch unheimlich diszipliniert gespielt. Ich habe schon im Training gespürt, dass die Moral trotz der Niederlagenserie noch nicht am Boden war", sagte Greg Pruden strahlend. Im EC-Lager hatte man nicht unbedingt mit diesem guten Start des neuen Headcoaches gerechnet. "Einige unserer nordamerikanischen Spieler trauern offensichtlich noch Harold Kreis hinterher; hoffentlich lassen sich diese Jungs nicht hängen. Bei unseren jungen deutschen Spielern habe ich jedoch eine deutliche Aufbruchstimmung ausgemacht. Die bekommen jetzt unter Pruden endlich ihre längst verdiente Chance", sagte Geschäftsführer Dirk Ex. Dessen Befürchtungen hinsichtlich der "Legionäre" schienen jedoch zumindest am vergangenen Wochenende unbegründet. Dino Felicetti und Brett Colborne spielten sogar entgegen dem Rat der Ärzte. "Solange es die Schmerzen zulassen, spiele ich weiter", sagte Felicetti kämpferisch.
Im Gegensatz zu Harold Kreis setzt Greg Pruden auf vier Sturmreihen und sechs Verteidiger: "Bei mir bekommt jeder Spieler seine Chance." Aktuellstes Beispiel: Obwohl Stammkeeper Joachim Appel gegen Regensburg eine fehlerfreie Leistung zeigte, setzte Pruden in Weißwasser auf den zuletzt von Kreis auf die Tribüne verbannten Nachwuchskeeper Jan Guryca. Der Abiturient dankte das Vertrauen mit einer herausragenden Leistung und blieb erstmals in dieser Saison ohne Gegentor. "Der Mannschaft gibt es viel Selbstvertrauen, wenn sie zwei gleichstarke Torhüter hinter sich weiß", so Pruden vor den letzten sechs Vorrundenspielen. jo
Eishockeyfans sehen lieber Olympiafinale als DEL-Spiele
Nach vier Wochen Pause fiel der Vergleich mit dem olympischen Finale für die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) ernüchternd aus. Nur 34 000 Zuschauer kamen am Sonntagabend in die acht Stadien, um die DEL-Stars zu sehen, während zeitgleich der Kampf der besten Spieler der Welt um Olympia-Gold zwischen den siegreichen Kanadiern und den USA live im Fernsehen geboten wurde.
Nicht einmal das Top-Spiel zwischen dem neuen Tabellenführer Krefeld Pinguine, der den bisherigen Spitzenreiter München Barons mit 5:1 abfertigte, fand vor ausverkauftem Haus statt. Die wackelige Terminlage tat womöglich ihr übriges: Erst nach dem Ausscheiden der Nationalmannschaft im olympischen Viertelfinale stand schließlich fest, dass der 52. DEL-Spieltag wie ursprünglich geplant ausgetragen werden konnte.
Nach dem olympischen Rausch beschlich Nationalspieler Andreas Loth von den Kassel Huskies bei der Rückkehr in den DEL-Alltag ein "komisches Gefühl". "Erst wurden wir gemeinsam geehrt, und im nächsten Augenblick mussten wir gegeneinander spielen. Das ist schon eine seltsame Situation", sagte Loth nach der "Blumen-Zeremonie" in eigener Halle vor dem ersten Bully gegen Meister Adler Mannheim. Der 29 Jahre alte Stürmer war unter tosendem Beifall mit sieben weiteren Olympiastartern von beiden Klubs sowie Bundestrainer Hans Zach für das sensationelle Abschneiden der DEB-Auswahl in Salt Lake City geehrt worden.
Dass sich die Auswahl-Fraktion der Kasselaner den Kollegen aus der Kurpfalz am Ende mit 1:2 beugen musste, störte nicht einmal Zach, der in Personalunion die Kassel Huskies trainiert. Statt verlorene Punkte im Kampf um einen Play-off-Platz zu beklagen, lobte Zach das rasante Spiel und vor allem jene Profis, die er gerade noch im Nationaltrikot unter seinen Fittichen hatte. "Ich hätte nicht gedacht, dass die Spieler schon wieder ein so hohes Tempo gehen können", sagte der Bad Tölzer.
Die Überraschung teilte auch AdlerCoach Bill Stewart. "Ich bin erstaunt, wie gut die deutschen Nationalspieler nach der Belastung beim olympischen Turnier schon wieder drauf waren", sagte der Kanadier und fügte gegenüber Zach respektvoll an: Was er bei Olympia mit "Team Germany" erreicht habe, sei "kein kleiner, sondern ein großer Schritt für Deutschland im Welt-Eishockey" gewesen.
Keine Punkte sammelten im Kampf um die acht Play-off-Startplätze die Berliner Eisbären, die Düsseldorfer EG und die Augsburger Panther. Bei der 1:4-Blamage der Eisbären gegen Schlusslicht Moskitos Essen ging für Trainer Pierre Page eine olympische Anleihe gründlich daneben. Der Kanadier wollte über Nacht das von den Schweden demonstrierte "Torpedosystem" kopieren und musste feststellen: "Wir haben etwas langsam ausgesehen."
Für die existenzbedrohten Berlin Capitals gibt es derweil Hoffnung, zumindest die Saison zu Ende spielen zu dürfen. Der wegen eines Dutzends Insolvenzanträgen gegen den Klub vom Amtsgericht Charlottenburg eingesetzte Insolvenzverwalter Kühnel teilte gestern mit, dass er vorerst Gnade walten lasse und ein Verfahren frühestens nach Abschluss der DEL-Vorrunde am 17. März einleiten werde. sid/dpa
Frankfurt. Der Einstand von Butch Goring war vielversprechend. Dem kanadischen Coach gelang es, den Lions zumindest ein System im Über- und Unterzahlspiel sowie mehr Disziplin beizubringen. Diese Attribute werden die Frankfurter Eishockeyspieler auch in der heutigen DEL-Partie bei den Berlin Capitals (19.30 Uhr) benötigen. Dabei muss Goring auf vier Spieler verzichten. Rob Pearson erlitt beim 4:3 am Sonntag gegen die Augsburg Panther eine Innenbandverletzung im Knie. Für ihn ist die Saison beendet. Victor Gervais (Leistenprobleme) und Christoph Sandner (Bauchmuskelzerrung) können vielleicht schon nächste Woche wieder spielen. Torwart Eldon Reddick ist noch für zwei Spiele gesperrt.
Beim heutigen Gegner gibt es Hoffnung, zumindest die laufende Saison zu Ende spielen zu dürfen. Das Verfahren wegen diverser Insolvenzanträge gegen den Club wird frühestens nach Abschluss der DEL-Vorrunde am 17. März eingeleitet. (löf)
Berliner Kurier
Weiter Hoffnung für gebeutelte Capitals, aber Saison für Kapitän Ehlers gelaufen
BERLIN - Für die existenzbedrohten Capitals gibt es Hoffnung, zumindest die laufende Saison zu Ende spielen zu dürfen.
Vor dem heutigen Spiel gegen Frankfurt (19.30, Deutschlandhalle) erklärte Insolvenzverwalter Wolfgang Kühnel, dass er Gnade walten lasse und ein Verfahren frühestens nach der Vorrunde einleiten wird. Das wäre am 18. März.
"Es kann gespielt werden, da die Gehälter der Spieler durch das Insolvenz-Ausfallgeld bis zum März abgesichert sind", erklärte Kühnel. Caps-Geschäftsführer Thorsten Weck ist derweil täglich am ackern, um die Insolvenzanträge vom Tisch zu bekommen und ein Fortbestehen der Preussen zu sichern. Weck optimistisch: "Wir schaffen das."
Nicht mehr in dieser Saison spielen wird dagegen Kapitän Heinz Ehlers. In Hannover zog sich "Magic" 'nen Innenbandanriss im rechten Knie zu. Das gleiche Schicksal ereilte Frankfurts Stürmer Rob Pearson, auch für ihn ist die Saison beendet. A.W.
Er war sogar von der Leistung der Lions so angetan, dass er sich umgehend erkundigte: "Wie viel Punkte Abstand haben wir zu einem Play-off-Platz ?"
Was lässt da Goring von sich? Ich weiss nicht, wie ich das einschätzen soll, falsche Überheblichkeit, oder was...? Ich wünsche mir nur, dass die noch laufende Saison einigermassen ordentlich beendet wird.
Gnadenfrist und Kusshände Berlin Capitals können die Saison beenden: Insolvenzverfahren wird frühestens am 17. März eröffnet
Von Burkhart Pohl
Berlin - Papier ist geduldig. So bleiben nicht nur die Euro-Scheinchen weiter aus, auf die die Spieler der Berlin Capitals seit Monaten warten. Auch das Dutzend Insolvenzanträge, das beim Amtsgericht Charlottenburg gegen die hochverschuldeten Berlin Capitals GmbH anhängig ist, schlummert weiter in den Beamtenstuben vor sich hin.
Was die Fans des Charlottenburger Krisenklubs etwas erfreuen dürfte. Denn die heutige Begegnung der 53. Runde der Deutschen Eishockey-Liga gegen die Frankfurt Lions (19.30 Uhr, Deutschlandhalle) kann somit stattfinden. Weil zum einen die Spieler noch etwas Lust auf Sport verspüren, zum anderen sich auch der vom Amtsgericht Charlottenburg eingesetzte Insolvenzverwalter Wolfgang Kühnel als Freund des Eishockeys zeigt. Bis zum 17. März will der Anwalt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens warten. An diesem Tag endet die Vorrunde der DEL und damit wohl auch das Kapitel Berlin Capitals im deutschen Profi-Eishockey. Denn wer glaubt schon den Parolen der Banghard und Co., wer glaubt schon an Wunder.
«Derzeit steht noch nicht fest, ob es überhaupt zu einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommen wird», teilt Kühnel mit, «es kann gespielt werden, da die Gehälter der Spieler durch das Insolvenzausfallgeld bis zum 17. März 2002 abgesichert sind.»
Nach dem 17. März, so Kühnel, ist mit einer gerichtlichen Entscheidung zu rechnen. Kühnel selbst wird am 14. März bei der Sitzung der DEL-Gesellschafter anwesend sein. Leicht auszurechnen, was am Ende dieser Tagung herauskommen wird - Lizenzentzug für die Berlin Capitals.
Den 17. März will Trainer Gunnar Leidborg mit allem Anstand erreichen. Danach wird er schnellstens seine Zelte in Eichkamp abbrechen, um sich auf die Zeit bei den Kassel Huskies als Nachfolger von Hans Zach vorzubereiten.
Noch hat der Coach aber seinen Ehrgeiz nicht verloren. Der Schwede rechnet damit, dass auch sein Team die restlichen Partien mit Charakter über die Bühne bringt. Indessen, das verübelt Leidborg keinem, hat er schon beim 5:6 in Hannover Veränderungen in der Mentalität ausgemacht. «Keiner denkt mehr an das Wichtigste im Eishockey, die Defensive. Alle wollen nur zeigen, wie gut sie stürmen können, wie sie Punkte und Tore erzielen, um sich selbst ins rechte Licht rücken zu können. So wird es natürlich schwer, unser Minimalziel zu erreichen, das Vermeiden der beiden letzten Plätze.»
Und mit Galgenhumor fügt der 46-jährige Schwede an: «Unter den momentanen Gegebenheiten muss ich jedoch schon froh sein, wenn alle zum Training und zum Spiel kommen. Eigentlich müsste ich jeden einzelnen mit Kusshand begrüßen.»
Zwei Spielern muss Leidborg indes nicht mehr die Aufwartung machen. Verteidiger Janke hatte das Warten auf 1000 Euro Gehalt satt und suchte das Weite. Und Kapitän Heinz Ehlers zog sich in Hannover eine schwere Bänderdehnung im bislang noch gesunden Knie zu und fällt bis Saisonende aus. Und wann Keeper Andrej Mezin, der noch bis 2004 unter Vertrag steht, wieder in Berlin auftauchen wird, ist ungewiss. Leidborg: «Vielleicht macht Andrej erst einen Umweg über die weißrussische Hauptstadt Minsk und lässt sich dort für den vierten Platz bei Olympia feiern. Ich würde es ihm gönnen.»
Beim 4:3-Sieg gegen Augsburg erweist sich der Frankfurter Ersatzmann als sicherer Rückhalt
Von Mister X erhofft sich Lions-Torhüter Conti mehr Mut
FRANKFURT. Die kleinen Augen muster-ten den großen Kerl von unten bis oben. Mit der Gestalt im dicken Wintermantel wußte er auf den ersten Blick so gut wie gar nichts anzufangen. Es dauerte eine Weile, bis der Dreikäsehoch allen Mut zusammengefaßt und er seine Frage rausgebracht hat-te: "Sag mal, bist du denn auch einer von den Eishockeyspielern?" wollte der Fan von Leonardo Conti wissen. Als der Tor-wart der Lions lächelnd mit dem Kopf nick-te, bekam er umgehend eine Postkarte und einen Kugelschreiber von dem jungen Gast im VIP-Raum in die Hand gedrückt. Dem Wunsch nach einem Autogramm kam der 23 Jahre alte Torhüter der Frankfurt Lions nach dem 4:3-Sieg gegen Augsburg sicht-lich gerne nach. Es ist noch nicht allzuoft in dieser enttäuschenden Saison vorgekom-men, daß er von Anhängern um seinen Na-menszug gebeten worden ist. Contis Platz bei dem Frankfurter Verein der Deutschen Eishockey Liga (DEL) war bislang meist die zweite Reihe. Am Sonntag stand er erst zum elften Mal in einem Meisterschafts-spiel auf dem Eis: nach anfänglichen Schwierigkeiten bewahrte er mit spektaku-lären Paraden während der Schlußoffensive
der Panther die Hessen vor dem Penaltyschießen und hielt bei einem verdeckten Schuß von Tommy Jakobson Sekunden vor dem Abpfiff den Sieg mit der Fanghand fest. Gary Clark, der sich seit zwei Wochen zusammen mit Cheftrainer Butch Goring um das Fortkommen der Eis-Löwen be-müht, hob hinterher aus einem Haufen se-henswert kämpfender Profis Conti aus-drücklich hervor: "Er hat sich ein Extralob verdient. Beachtlich, wie er mit dem Druck auf seinen Schultern umgegangen ist."
Dabei begann die Partie denkbar ungün-stig für den 1,93 Meter großen Hünen. Der gebürtige Augsburger wurde beim Wiedersehen mit der Mannschaft aus der alten Heimat nach 42 Sekunden durch Robert Guillet erstmals überwunden. "Oh Gott, was für ein Start", dachte sich zu diesem Zeitpunkt nicht nur Goring, wie er hinter-her erzählte, sondern auch der Ersatzmann zwischen den Pfosten, der nur aufgrund der Sperre von Stammkeeper Eldon Reddick in die Anfangsformation gerutscht war. Bei den weiteren Gegentreffern sah er seine Vorderleute in der Schuld. "Für den Nachschuß sind immer die Verteidiger da", be-fand Gonti. Es fiel ihm nicht schwer, in der Stunde des Erfolgs gelassen über die Rückschläge der Vergangenheit zu plaudern. Sei-nen Wechsel vor zwei Jahren aus Kassel an den Main habe er sich gewiß anders vorge-stellt; "es ist alles andere als perfekt gelau-fen". Weder unter Trainer MacDonald noch zu Zeiten von Bradley standen seine Aktien hoch im Kurs. Aber Conti ist ein vergleichsweise pflegeleichter Spieler: trotz der für ihn unbefriedigenden Situation und seiner wiederholten Nichtberücksichtigung kam ihm kaum Kritik über die Lippen - ob wohl sich Reddick, die 37 Jahre alte feste Größe im Tor der Lions, immer wieder Schwächen leistete. Clark, mit dem Conti in den vergangenen Tagen so intensiv wie mit keinem seiner Vorgänger gearbeitet habe, sei der erste Trainer bei den Lions, der in Torhüterfragen "richtig Ahnung hat". Sonderschichten und Videoanalysen standen beim Einzeltraining auf dem Pro-gramm: "Jetzt weiß ich, meine Größe bes-ser einzubringen." Conti wird Frankfurt auch im nächsten Jahr, "das nur besser wer-den kann", die Treue halten, "obwohl auch ich noch nicht weiß, wie es sportlich weiter geht". Der Torwart verbindet einen Wunsch mit dem künftigen Übungsleiter, dessen Namen Klubeigentümer Gerd Schröder eigentlich schon in der vergange-nen Woche offiziell verkünden wollte: "Mehr Mut", solle der Mister X mitbrin-gen. Das Beispiel Marc Seligers, der bei den Nürnberg Ice Tigers hinter Frederic Chabot ein Schattendasein fristet, aber bei den Winterspielen durch beachtliche Para-den in der Nationalmannschaft auf sich auf-merksam machte, bestätigt Conti in seiner Vermutung: "Es gibt genügend gute deut-sche Torwarttalente - nur sie spielen nicht." Bereits an diesem Abend geht die Terminhatz für die Lions weiter. Gegen die Berlin Capitals und für den Rest der Saison müssen sie dabei auf Rob Pearson verzich-ten. Der Stürmer zog sich gegen Augsburg einen Innenbandriß im linken Kniegelenk zu und fällt für zwei Monate aus. Außerdem wird Goring auf die verletzten Angrei-fer Christoph Sandner (Bauchmuskelzer-rung) und Victor Gervais (Leistenproble-me) verzichten müssen. Die Ersatzleute müßten eben in die Bresche springen, ver-langte Goring. Wenn sie es alle ähnlich be-herzt wie Conti tun, braucht den Frankfur-tern bei ihrer Reise in die Hauptstadt nicht bange werden. MARC HEINRICH
editiert: Wo kommen denn jetzt diese blöden Trennungsstriche her????
Von MANFRED SCHÄFER
Guter Einstand von Zehn-Spiele-Trainer Butch Goring bei den Eis-Löwen. Aber trotz des 4:3 gegen Augsburg bleibt die Frage, warum sich die Frankfurt Lions noch den Luxus eines teuren Trainers aus Übersee geleistet haben. Goring selbst gibt nämlich zu: "Ich muss die Liga erst kennen lernen. Das Spiel hat mir dabei etwas geholfen." Da aber jetzt nur noch neun Spiele anstehen, könnte es gut sein, dass er wieder weg ist, bevor er das europäische Eishockey so richtig verstanden hat.
Trotz des Sieges schweben die Löwen weiter in Abstiegsgefahr. Da auch Iserlohn siegreich war, bleibt der Abstand auf einen Platz in der Abstiegsrunde nur ein Punkt.
Schon heute geht's beim Pleiteklub Berlin Capitals weiter. Und da fehlen der gesperrte Torhüter Reddick, sowie die verletzten Stürmer Sandner (Bauchmuskelzerrung), Gervais (Leistenprobleme) und Pearson (Innenbandriss im rechten Knie). Für den Kanadier ist die Saison damit gelaufen. Auch der Einsatz von Gervais in der Schlussphase der Saison ist unwahrscheinlich.
Eishockey NEWS
Leo Conti hielt dem großen Druck stand Goalie beim 4:3 über Augsburg Matchwinner - Trainer Goring recht zufrieden
Frankfurt. Am Ende dieser Saison wird kein Spieler der Frankfurt Lions sagen können, er kenne nicht jedes Eishockeysystem der Welt. Ob er es dann auch spielen kann, ist eine andere Frage. Jedenfalls kam mit dem vierten Trainer der Lions in der laufenden Saison (DEL-Rekord) durch Butch Goring auch das vierte System nach Frankfurt, 1-2-2 wurde laut Goring gespielt, auch wenn sich das im Laufe des Spieles gegen die Augsburger Panther zunehmend zu einem 2-2-1 und in den letzten Minuten des dritten Abschnitts fast zu einer 6-0-Deckung mutierte. Aber egal, die Lions gewannen mit 4:3 und Goring meinte: "Ich habe gute Ansätze gesehen, aus der Mannschaft lässt sich was machen."
Der neue Coach der Lions hatte so einiges vor dieser Partie in der Mannschaft verändert, teilweise jedoch erzwungenermaßen. So fiel neben Victor Gervais (Leistenprobleme) auch noch Christoph Sandner aus, der sich im Abschlusstraining eine Bauchmuskelverletzung zugezogen hatte. Sandner, zuletzt in der ersten Sturmreihe, war allerdings auch vorher schon nicht von Goring für diesen Block vorgesehen gewesen, denn der neue Chef an der Lions-Bande setzte für seinen Paradeblock auf kompromisslose Offensive: In Alexander Selivanov, Vadim Slivschenko, Rick Girard sowie den Verteidigern Chris Snell und Rob Doyle standen die fünf besten Scorer der Lions auf dem Eis, die bislang zusammen 179 Punkte (davon 65 der insgesamt 119 Tore) geschossen haben.
Auch das Spielsystem hatte Goring, wie oben angesprochen geändert. Statt der "Neutral-Zone-Trap" unter Doug Bradley baute der 52 Jahre alte Kanadier mit reichlich NHL-Erfahrung eher auf 2-2-1. So sah es jedenfalls aus. Tatsächlich sollte jedoch 1-2-2 gespielt werden: "Aber das hat noch nicht ganz geklappt", meinte er später. Nicht nur dass, anfangs ging der Schuss sogar nach hinten los. Denn die für das Forechecking vorgesehenen Stürmer hatten sich schon nach vome orientiert, als Andreas Morczinietz schoss und der Abpraller von Lions-Goalie Leo Conti zum völlig freien Rob Guillet kam, der nach 42 Sekunden nur noch einschieben brauchte. Die Fans wurden schon wieder unruhig, doch bevor sie noch lange lamentieren konnten, hatte Top-Scorer Selivanov umgehend (26 Sekunden später) den Ausgleich erzielt, es war überhaupt erst der zweite Schuss der Lions aufs Tor.
Zu Beginn des zweiten Drittels war gar der erste Schuss drin. lain Fraser stand nach Ablauf einer Überzahl goldrichtig. Jetzt lief das Lions-Spiel allmählich. Nach 30 Minuten war Fraser zum ersten Mal zur Stelle, in der 37.Minute zum zweiten Mal. Aber Augsburg deckte auch die Schwachstellen der Lions auf und dies dürfte für Goring, der sein erstes DEL-Spiel sah - "das Tempo ist schneller als in der IHL" - ebenfalls wichtige Erkenntnisse gebracht haben. Denn nach dem Anschlusstreffer machten die Gäste noch einmal mächtig Druck und die Lions gerieten ordentlich ins Schwimmen. Aber Vostrikovs 3:3 beantwortete Rick Girard postwendend mit der erneuten und endgültigen Führung. Ab diesem Moment wurde die Partie zu einer reinen Abwehrschlacht, zumal ab dem zweiten Drittel der bullige Rob Pearson fehlte, der nach einem Foul mit einem Innenbandriss am linken Knie vom Eis musste und für den Rest der Saison ausfallt. Doch Conti im Lions-Tor meisterte die schwere Last der Verantwortung großartig und wehrte 43 Schüsse ab. Goring war nach dem Sieg so angetan, dass er sich mal nach dem Abstand zu einem Play-off-Platz erkundigte.
Am Rande der Bande: Aufregung gab es vergangene Woche um Alexander Selivanov, der eigenmächtig seinen Urlaub verlängert hatte und erst vor einer Woche aus den USA zurückkehrte. Der erste Verdacht, dass der Lions-Top-Scorer keine Lust mehr habe, bewahrheitete sich jedoch nicht. Dennoch muss Selivanov für eine Geldstrafe in die Tasche greifen. Matthias Kittmann