Interview
"Rocky ist ein ausgebuffter Boxer"
Universum-Trainer Fritz Sdunek (l.) betreute Thomas Ulrich erstmals im Ring am 12.10.2002
München - Wenn am 10. Mai in Stuttgart das Duell Graciano Rocchigiani gegen Thomas Ulrich stattfindet, treffen zwei Boxer aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Straßenkämpfer "Rocky" gegen den sensiblen "Berliner Bären".
Der Druck auf beide Halbschwergewichtler ist groß. Zum einen will es der alternde Ex-Weltmeister noch einmal allen beweisen. Zum anderen steht Youngster Ulrich kurz vor seinem möglicherweise ersten WM-Fight.
Sport1 sprach mit Ulrich-Trainer Fritz Sdunek, der auch schon Dariusz Michalczewski bei seinen legendären Kämpfen gegen Rocchigiani in der Ecke betreut hat.
Sdunek erklärt, warum auch ein nicht mehr ganz junger Graciano Rocchigiani immer noch gefährlich ist. (Ist es richtig, dass "Rocky" noch einmal ein Comeback wagt? Jetzt mitdiskutieren im Box-Forum!)
Sport1: Wie lief die Vorbereitung von Thomas Ulrich?
Fritz Sdunek: Ich bin mit der Vorbereitung sehr zufrieden. Vor allem die Sparringsrunden sind optimal gelaufen. Insgesamt hat er 68 Runden gegen die gleichen Sparringsgegner geboxt, die auch Dariusz Michalczewski hat.
Sport1: Was für einen Kampf erwarten Sie?
Sdunek: Ich denke nicht, dass sich "Rocky" verstecken wird, denn er weiß, dass er was tun muss. Die Art, wie "Rocky" boxt, kennen wir. Ulrich wird versuchen, entsprechend dagegen zu halten. Er wird natürlich anders boxen als Dariusz Michalczewksi, aber wie genau, das können wir nicht verraten.
Sport1: "Rocky" ist nicht mehr der Jüngste und hat eine zweijährige Kampfpause hinter sich - wie ernst nehmen Sie ihn?
Sdunek: Ich denke, dass ihn gerade dies gefährlich macht. Bei "Rocky" muss man aufpassen, weil er es schließlich noch einmal allen beweisen will.
Sport1: Wie schätzen Sie den Fitnesszustand von "Rocky" ein?
Sdunek: Er hat jedenfalls genug Zeit gehabt zum Training. Und Totgesagte leben länger, wie man so schön sagt.
Sport1: Worin sehen Sie die größte Gefahr für Ulrich?
Sdunek: "Rocky" ist natürlich ein ausgebuffter Boxer und hat schon viele gute Leute geschlagen und auch ein paar Mal durch Pech verloren. Es wird sicher eine schwere Aufgabe für Ulrich. Wir werden einen interessanten Kampf sehen.
Sport1: Ulrich hat schon des öfteren gesagt, dass er gegen sein "großes Vorbild" antritt. Beeinflusst ihn so etwas?
Sdunek: Ich glaube, dass gerade dies Motivation für ihn ist. Denn wer bekommt schon die Chance gegen einen zu boxen, zu dem er schon zu Beginn seiner Karriere aufgeblickt hat? Ich glaube jedenfalls nicht, dass der Respekt zu groß ist.
Sport1: Rocchigiani hat in einem Interview Ulrich ein "gläsernes Kinn" unterstellt...
Sdunek: Ich weiß nicht, wo er das her hat. Ulrich hat nur einmal durch K.o. verloren, ansonsten sollte "Rocky" schon selber aufpassen, dass sein Kinn nicht gläsern ist. Es kommt schließlich immer darauf an, wie man erwischt wird. Und bei einem Volltreffer kann jeder zu Boden gehen.
Sport1: Im Gegensatz zu "Rocky" hat Ulrich in seiner Profikarriere aber noch keinen Kampf über mehr als neun Runden bestritten.
Sdunek: Das spielt keine Rolle. Ulrich ist topfit und kann problemlos einen Kampf über zwölf Runden bestreiten. Er hat eine Kondition wie kaum ein Zweiter. Und ich kann ihn diesbezüglich mit Michalczewski vergleichen.
Sport1: Welcher Boxer steht stärker unter Druck?
Sdunek: Beide Boxer stehen gleichermaßen unter Druck. Wenn Ulrich verliert, dann erleidet seine Karriere einen Riesenknick. Bei "Rocky" ist es allem Anschein nach der letzte Kampf, wie er selbst sagt.
Sport1: Wenn Ulrich gewinnt, wie geht es dann weiter?
Sdunek: Bei Ulrich stehen auf alle Fälle in der Zukunft WM-Kämpfe an. Schließlich steht er in allen Ranglisten weit vorn. Man wird sehen, bei welchem Boxverband er diesbezüglich seine erste Chance bekommt.
Sport1: Ihr Tipp für den Kampfausgang?
Sdunek: Ich tippe natürlich auf den Mann, den ich trainiere. Wir sind auf zwölf Runden eingestellt, und danach wird Ulrich der Sieger sein.
Das Gespräch führte Tanja Eberl
Quelle : Sport1.de
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