Im Stile eines Schmetterlings
Der neue Torhüter Dominic Roussel hat es bei den Fans der Frankfurt Lions binnen weniger Wochen zur Kult-Figur gebracht
Von Matthias Kittmann
FRANKFURT A. M. Eishockey ist ein Sport für die ganze Familie. Erst recht, wenn es ordentlich zur Sache geht. Das kennen die Kinder ja schon aus der Sandkiste, da wird auch nicht lange diskutiert, wem das Schäufelchen gehört. Doch wenn Dominic Roussel nach einem Sieg der Frankfurt Lions sein "Dirty Dancing" vorführt, würde nicht nur Jennifer Beals rot werde, da wankt in der Eissporthalle sogar die Jugendfreigabe. Wobei eigentlich niemand so genau weiß, was es eigentlich bedeutet, wenn der Torhüter des Frankfurter Eishockey-Erstligisten ein rotes Handtuch im Schritt führt.
Aber vor wenigen Wochen kannten die meisten Zuschauer noch nicht mal die Person, die nach nur sechs Spielen schon Kult-Status in Frankfurt genießt. Manager Bernie Johnston sprach zwar von "einer Bombe, die in die DEL einschlagen wird", als die Verpflichtung des Franko-Kanadiers angekündigt wurde. Aber außer der stolzen Bilanz von 206 Spielen in der nordamerikanischen NHL wussten nur wenige etwas mit dem Namen Dominic Roussel anzufangen. Zumal der 32-Jährige in der vergangenen Saison nur in einer halb professionellen Liga gespielt hatte. "Verpokert" nennt man das, denn Roussel akzeptierte die Bedingungen der Edmonton Oilers nicht und stand dann plötzlich ohne Klub da. So urteilte sogar das Fachblatt Eishockey News: "Die Verpflichtung ist ein hohes Risiko." Als dann Roussel auch noch die ersten zwei Wochen der Vorbereitung wegen einer Verletzung ausfiel, schienen alle Kritiker bestätigt.
Doch mittlerweile schaut jeder betreten zur Seite, der den Mann aus Montreal lauthals als Fehleinkauf tituliert hat. Denn Roussel hat nicht nur in sechs Spielen erst zehn Tore kassiert, mit 212 abgewehrten Schüssen von 222 führt er auch die Torhüterstatistik mit der sensationellen Fangquote von 95,28 Prozent an. Aber das ist nur die Hälfte von Roussels Klasse. Es ist das Charisma, mit dem er Nerven von Zuschauern und Kollegen beruhigt. Während andere Torhüter herumspringen wie ein Hampelmann, pflückt Roussel die Pucks aus der Luft wie reife Pflaumen. Von einem Distanzschuss ist er bisher noch überhaupt nicht bezwungen worden, und im Getümmel verliert er auch selten den Überblick.
Viele vergleichen ihn sogar schon mit dem legendären Torhüter von Colorado Avalanche, Patrick Roy. Was kein Zufall ist. Denn Roys Trainer war auch Roussels Coach: Francois Allaire. Der Torwarttrainer gilt als der Erfinder des Butterfly-Stils franko-kanadischer Prägung. Dieser Schmetterlings-Stil heißt so, weil die Bewegung des Torhüters jener des bunten Flattermanns entspricht. Im Gegensatz zum "Stand-up-Goalie" bewegt sich der "Butterfly-Goalie" hauptsächlich im Stehen, indem er Schüsse mit einer schnellen Winkelbewegung der schonerbewehrten Knie zum Boden abwehrt und die frei Lücke dazwischen mit dem Schläger abdeckt.
Der Vorteil gerade für große Torhüter: Selbst auf den Knien deckt er mit Oberkörper und Schultern nahezu 70 Prozent des Tores ab und lässt nur im oberen Bereich kleine Lücken. Der Nachteil: Der Stil "ist körperlich extrem anstrengend", sagt Roussel. "Schließlich trägt ein Goalie 30 Kilogramm Ausrüstung, und der Stil funktioniert nur, wenn das Timing mit den schweren Schonern an den Knien hundertprozentig stimmt. Sonst rutscht dir jeder Puck durch." Zudem belastet das alles stark die Hüftgelenke. Andererseits: Wer den Stil beherrscht, ist kaum zu bezwingen. An Roussels Reflexen ist schon mancher Torjubel zerbrochen. Wie es sich für einen anständigen Franko-Kanadier gehört, war Ken Dryden, der legendäre Torhüter der Montreal Canadiens, während ihrer vier Stanley-Cup-Triumphe von 1976 bis 1979, auch das große Vorbild für Roussel, aber auch - man höre und staune - der Russe Wjatscheslaw Tretjak. "Vielleicht der beste Torhüter neben Dryden, den es je gab", so der Lions-Keeper.
Der Wechsel nach Deutschland ist Roussel indes leicht gefallen, Bedenken wegen seiner Pause hatte er auch nicht. "Ich habe seit Januar immer auf dem Eis gestanden und lange in einer Liga mitgemacht, wo nur drei gegen drei gespielt wird. Da bekommst du im Spiel 80 Schüsse aufs Tor", sagt er. Kein Wunder, dass Roussel die durchschnittlich 35 Schüsse auf sein Tor bei den Lions nicht sonderlich beunruhigen können. "Je mehr Schüsse, umso besser", sagt er lachend.
Bleibt noch die Sache mit dem roten Handtuch. "Mir haben sie gesagt, dass die Frankfurter Fans vom Torwart nach einem Sieg etwas Besonderes erwarten", sagt Roussel, "da musste ich mir etwas einfallen lassen." Also hat der Mann mit dem Spitznamen "Rooster" (Hahn) sich von den Rolling Stones und deren Song "Little Red Rooster" inspirieren lassen. Eine kaum verhohlene Metapher zum Thema Männlichkeit. So bedeutet denn auch die Bewegung mit dem Handtuch: "We've played hockey with balls." Und damit ist garantiert nicht der Puck oder Ball gemeint. Aber schauen Sie doch selbst im Wörterbuch nach und erzählen ihren Kindern dann irgendwas.
2:7 - Wo sind nur die Lions geblieben ?
Von MARTIN MOROLD
Die Eis-Löwen können auswärts nicht gewinnen. Auch bei den Augsburger Panthern gab's gestern eine dicke Klatsche - 2:7 (0:1, 1:2, 1:4).
Im Curt-Frenzel-Stadion sollte Frankfurts Auswärtsfluch (drei Spiele, drei Niederlagen) gebrochen werden. Die Löwen waren extra einen Tag früher angereist, hatten in Ingolstadt übernachtet, um erholt anzutreten. Einer kam gar nicht fit an:
Stürmer Robert Francz musste mit einer Magen-Darm-Infektion passen. Nach Stanton (gesperrt), Bresagk, Frenzel und Dylla (alle verletzt) der fünfte Ausfall der Lions.
Daher war die Abwehr nicht so sicher wie sonst. Und prompt gerieten die Lions in Rückstand. Nach 18 Minuten traf Carter aus spitzem Winkel die Schoner von Torhüter Roussell, und von dort sprang die Scheibe zum 0:1 in den Löwenkäfig. Auch im zweiten Drittel die Panther bissiger.
Audet gelang das 0:2 (24.). Als Snell auf 1:2 verkürzte (36.), keimte kurz Hoffnung auf, aber Arendt (40.) machte alles zunichte. Widerum Arendt (44.), Drouin (49.), Leeb (52.) und Oravec (53.) sorgten für die höchste Saisonpleite der Löwen. Girards 2:7 (50.) war nur Kosmetik.
Morgen (19 Uhr) geht's im Hessenderby gegen die Kassel Huskies.
Lions scheitern mit Defensivtaktik
2:7 gegen die Panther
pk. AUGSBURG. Nach 24 Minuten war die Partie der Frankfurt Lions am Freitag abend in Augsburg entschieden. Zugunsten der Panther, die nach Treffern von Shawn Carter (18.) und Philippe Audet (24., in Überzahl) schon 2:0 führten. Die Augsburger durften sich frühzeitig als Sieger fühlen, denn noch nie im bisherigen Saisonverlauf hatten die Lions auswärts mehr als einen Treffer zustande gebracht. Es war auch diesmal kaum anders, die Lions erzielten zwar sogar zwei Tore (Snell36. zum 1:2, Girard/57. zum 2:7), blamierten sich aber gehörig. Am Ende hieß es vor 3.761 Zuschauern 7:2 für Augsburg.
Das Häuflein der 17 Aufrechten stand fast von vornherein auf verlorenem Posten. Kurzfristig erhöhte sich die Ausfallliste von Trainer Lance Nethery noch, denn Robert Francz mußte wegen einer Magen-Darm-Grippe zu Hause bleiben. "Defensive ist Trumpf", hatte der Trainer als Devise ausgegeben, was dazu führte, daß vor allem die Offensive nicht funktionierte. Torhüter Dominic Roussel und seine Vorderleute wehrten sich lange Zeit tapfer, doch der Erfolg blieb ihnen versagt. In einem Kampfspiel ohne große technische Feinheiten waren die Augsburger einfach zielstrebiger, zudem brachten Strafzeiten die Lions vom Kurs ab. Beim 0:2 saß Snell draußen, beim 1:3 von Arendt (40.) Busch, beim 1:4 von Arendt (44.) Adams. Drouin (46.), Leeb (52.) und Oravec (53.) setzten noch zwei Treffer drauf. Hoffnung gab es nur kurz für die Lions, als Chris Snell zwischendurch auf 1:2 verkürzt hatte (36.). Diese Hoffnung erwies sich als trügerisch.
Panther spielen Katz und Maus
Augsburger kommen in Fahrt und zeigen beim 7:2 über Frankfurt ihr bisher bestes Spiel
Von unserem Redaktionsmitglied Milan Sako
Augsburg kommt in der Deutschen Eishockey-Liga allmählich in Fahrt. Gestern spielten die Panther mit den Frankfurter Löwen Katz und Maus und siegten mit 7:2 (1:0, 2:1, 4:1). Die Treffer zum dritten Sieg in Folge erzielten Ronny Arendt (2), Shawn Carter, Philippe Audet, Greg Leeb, Pierre Claude Drouin und Christopher Oravec.
„Das war unser bisher bestes Spiel in dieser Saison. Läuferisch waren wir überlegen und das Überzahl-Spiel hat ebenfalls gut funktioniert“, freute sich Augsburgs Manager Karl-Heinz Fliegauf. Das „Frankfurter Auswärts-Gesetz“ traf auch gestern zu. Viermal lagen die Löwen bisher in dieser Saison auswärts 0:1 zurück und gingen am Ende leer aus. Gestern wurden sie noch dazu regelrecht zerlegt. Nachdem die hübsche Puck-Botin Simone, die das Spielgerät mit Küsschen an den Schiedsrichter übergibt, mit großem Beifall von den AEV-Fans begrüßt wurde, jubelten in der 18. Minute die Zuschauer wieder. Shawn Carter traf zum 1:0. Frankfurt schoss zwar aus allen Lagen, aber vor allem aus aussichtslosen Positionen. Cory Laylin brachte es sogar fertig, von der blauen Linie unbedrängt das Fangnetz über dem Tor zu treffen.
Genau gezielt
Wesentlich genauer zielten die Gastgeber. Philippe Audet erhöhte bei Überzahl auf 2:0 (24.). Zwar kam Frankfurt auf 2:1 (Snell/36.) heran, doch danach folgte der große Auftritt des kleinen Ronny Arendt jeweils im Powerplay. Das 3:1 (40.) und das 4:1 (44.) erzielte der Ex-Berliner. Und weil die Panther gerade so schön ins Laufen gekommen waren legte Pierre Claude Drouin einen drauf (5:1/46.).
Vor Wut versuchte Frankfurts Torhüter Dominic Roussel, der bis gestern die beste Fangquote in der DEL aufwies, die Torwartkelle an seinem Eisengehäuse zu zertrümmern. Aber auch das misslang. Die Panther konnten sich frühzeitig für das Sonntags-Spiel beim deutschen Meister Kölner Haie schonen. Die restlichen Treffer zum 7:2 erzielten Leeb (52.), Oravec (53.) sowie Girard (7:2/57.).
-----