„Die Halle gehört doch abgerissen“
Eishockey: Herbe Kritik nach Scorpions-Spiel, Zusatzbericht des verängstigten Schiedsrichters. -Von Christian Otto-
Mellendorf/Kassel. Gestern folgte der Papierkram. Aufzuarbeiten bleibt ein Sonntagspiel der besonderen Art. „Diese Partie in diesem Stadion war nicht DEL-würdig“, meinte Axel Kammerer, Trainer der Kassel Huskies. Sein Klub hatte in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) bei den Hannover Scorpions mit 4:3 nach Penaltyschießen gewonnen, wollte die unschönen Begleitumstände eines turbulenten Abends im Mellendorfer Icehouse aber nicht unkommentiert lassen. In einem Zusatzbericht zu der Partie, nach der Schiedsrichter Petr Chvatal von der Polizei beschützt das Stadion verlassen hatte, bemängeln die Gäste, dass ihr Stürmer Matthias Trattnig von einem Gegenstand am Kopf getroffen worden sei. Daraus - und aus weiteren Zwischenfällen - ist das Ermittlungsverfahren 17/0304 geworden.
Zu chaotischen Zuständen im Icehouse war es gekommen, weil Referee Chvatal mit seinen Entscheidungen die Fans der Scorpions gegen sich aufgebracht hatte. „Der ist auf die Schwalbenflug-Demonstrationen der Huskies-Spieler reingefallen“, meinte Scorpions-Klubchef Jochen Haselbacher. Sein Sportdirektor Olle Öst sprach dagegen von „zu vielen Strafen im 2. Drittel gegen uns. Und das war dumm von uns.“ Die Scorpions hatten hart gespielt und waren nach Disziplinarstrafen gegen sich (Gordon Borberg und Steve Wilson) auf die Verliererstraße geraten, so dass immer mehr Frust ins Spiel kam.
Auch Schiedsrichter Chvatal, der bei seinem Abgang nach Spielschluss nach eigenen Angaben mit Bier überschüttet wurde, ließ der Partie einen Zusatzbericht folgen. Er bemängelte, dass aus dem Scorpions-Fanblock immer wieder Gegenstände auf das Eis geschmissen wurden, dass die Gäste-Profis auf der Auswechselbank beworfen wurden und dass Hallensprecher Eric Haselbacher die Stimmung mit Durchsagen wie „Schiedsrichter - machen wir erst einmal Regelkunde“ die Stimmung angeheizt habe. „Und wenn ich dafür eine Strafe kriege, es ist mir egal“, meinte Eric Haselbacher, der jene neutrale Linie, die laut Reglement vorgegeben wird, wieder einmal verlassen hatte.
Das kleine Icehouse, in dem die Scorpions dank einer Sondergenehmigung der DEL diese Saison noch spielen dürfen, ist bei den Gegnern auf Grund seiner Eigenarten alles andere als beliebt. ,,Scheiß Halle, scheiß Fans“, meint Huskies-Profis Trattnig, der sich bedrängt gefühlt hatte, weil die Scorpions-Fans über seinem Kopf auf das Plexiglas-Dach der Auswechselbank geschlagen hatten. „Diese Halle gehört doch abgerissen“, meinte Tobias Abstreiter, Trattnigs frustrierter Mitspieler. „Wenn da jemand von einem Gegenstand am Kopf getroffen worden ist, tut es uns Leid, und wir entschuldigen uns“, meinte Scorpions-Klubchef Jochen Haselbacher. Da aber Abstreiter Mitte des 1. Drittels versucht habe, mit seinem Schläger einen Zuschauer zu treffen, seien die Gäste an den Provokationen der Fans mitschuldig.
Während sich Ligenleitung der DEL und Profi-Referee Chvatal angesichts anstehender Ermittlungen nicht äußern wollten, sehen die Scorpions möglichen Sanktionen gelassen entgegen. Man habe 40 Ordner aufgeboten, die Polizei sei auch vor Ort gewesen. „In Kassel geht es doch viel schlimmer zu“, meinte Klubchef Haselbacher. „Und Eishockey ganz ohne Provokationen - das gibt es gar nicht.“