Allgemeine Zeitung Mainz
Neue Eiszeit bei den Lions
In Frankfurt ist nach gutem Saisonstart Eishockey-Fieber ausgebrochen
Vom 15.10.2003
Von unserem
Mitarbeiter
Tim Klotz
FRANKFURT - Blitzstart, Derby-Sieg und nach 13 Spieltagen Tabellenführer. Die Frankfurt Lions haben sich eindrucksvoll in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) zurückgemeldet. Beeindruckend gerade nach einer absoluten Katastrophen-Saison, als die Löwen sogar sportlich abgestiegen waren. Lediglich der finanziell bedingte Rückzug der Schwenninger Wild Wings ermöglichte den Hessen, in ihre zehnte DEL-Saison zu gehen. Nur einmal seit 1993 bis zur Jahrtausendwende verpassten die Lions die Playoffs der besten Acht, weiter als bis ins Halbfinale kamen die Löwen jedoch nie. In den letzten drei Jahren wurden die Playoff-Runden erst gar nicht erreicht. Aber jetzt scheint die Leidenszeit einer neuen Eiszeit zu weichen.
Neuer Coach, neue Spieler, neues Selbstbewusstsein, neuer Anfang. Rich Chernomaz ist seit 2001 der siebte Chef-Trainer in Frankfurt, wo das Eis für Übungsleiter schon immer dünn war. Aber es scheint so, als ob diesmal neben wichtigen Struktur-Entscheidungen im Verein auch die Überlegungen, wie die Mannschaft ein sportliches Profil bekommt, aufgehen würden. Lance Nethery, im Frühjahr noch am Tiefpunkt seiner Karriere und als Trainer mit den Löwen sportlich abgestiegen, bekam seine Bewährungschance. Er wurde Manager, Chernomaz sein Nachfolger auf der Bank. Ein Erfolg versprechender Vorgang, denn exakt mit diesem Personaltausch sicherten sich die Kölner Haie 2002 den Meistertitel.
Die beiden Kanadier lotsten 17 neue Spieler an den Main mit der Prämisse: "Jung, hungrig und dazu die gewisse Mischung an Erfahrung." Die Reihe um Stürmer Pat Lebeau, in der "Seuchen-Saison" mit 22 Toren in nur 32 Spielen einer der wenigen Lichtblicke bei den Löwen, wurde mit Jesse Belanger und Christian Kohmann (29) aufgewertet. Belanger (34) und Lebeau (33) bilden schon jetzt das neue Traumduo der DEL, während Kohmann den offensiven Kanadiern den Rücken freihält. Aus Schwenningen fischten die Löwen neben Kohmann auch Torwart Ian Gordon (28).
Stanton mit viel Übersicht
Die Stürmer und Nationalspieler Martin Reichel (29) und David Sulkovsky (25), dazu der Ex-Kölner Markus Jocher (24) sowie die 22-jährigen Förderlizenz-Spieler Mark Etz und Michael Hackert spülten weiteres Potenzial in den Kader. Routine und "Clutch-Player-Qualitäten" (Spieler für die entscheidenden Momente) bringen Jason Young (30) und Dwayne Norris (33) mit, die mit Köln bereits Meister wurden. Als verlängerten Arm auf dem Eis hat Chernomatz den 36-jährigen Paul Stanton als Kapitän bestätigt. Der Amerikaner zahlt das Vertrauen mit viel Übersicht zurück.
Auch beim jüngsten Hessenderby-Erfolg am Freitag über die Kassel Huskies brachte Stanton sein Team mit seinem vierten Saisontor auf die Siegerstraße. Mehr als einen Punkt gab es für Kassel in Frankfurt nie zu holen; diesmal scheuchten die Löwen die überforderten Huskies mit 5:1 aus der Eissporthalle. Zwei Tage später setzte es im Spitzenspiel bei den Berliner Eisbären zwar eine 1:3-Niederlage - die erste nach fünf Siegen -, aber auch dieses erste Auswärtsspiel ohne Punkte trübt die Motivation keineswegs. "Die wichtigste Erkenntnis bleibt: In dieser Saison können wir mit den Großen mithalten", sprach Manager Nethery in jedes Mikrofon, das ihm gerade hingehalten wurde. Nur die eine oder andere Kleinigkeit trenne die Hessen noch von den Topadressen in Berlin, Hamburg und Mannheim.
Dieser Meinung waren nach dem Prestige-Duell gegen Kassel auch die Lions-Fans, die am Freitag mit 7000 Zuschauern erstmals in dieser Spielzeit die Eissporthalle wieder voll auslasteten. Im Sommer konnten gerade mal 1800 Dauerkarten nach 3300 im Vorjahr abgesetzt werden. Aber die Anhängerschaft, mit illustren Klubnamen wie "Die freie lionistische Gemeinde Mörfelden" oder "Spritzt wie Abbelsaft", liebt ihre Löwen wieder. In näherer Zukunft wünscht sich der Verein ein neues Zuhause, aber hier drohen die Verhandlungen mit Stadt und Land immer mal wieder im Sand zu verlaufen. Lions-Boss Gerd Schröder hat sogar schon mit Umzug gedroht. Wenn die Löwen ihrer neuen Spielstärke noch Konstanz hinzufügen, liefert der Verein das beste Argument für eine neue Halle: Erfolg.
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