Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  


Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 0 Antworten
und wurde 269 mal aufgerufen
 DEL & DEB
bigfoot49 Offline

Titel gesucht
Co-Admin

Beiträge: 11.081

07.07.2003 12:17
IV mit Haselbacher Antworten

Scorpions: Interview mit Jochen Haselbacher

Mellendorf, 7. Juli Die Eishockeysaison 2003/04 ist zwar noch in weiter Ferne, aber bei den Hannover Scorpions gab und gibt es auch während der Sommerpause genug Arbeit. Angefangen vom leidigen Arena-Streit bis zur Renovierung des Mellendorfer Icehouses durch tatkräfige Unterstützung zahlreicher Fans - wir berichteten. Dennoch hatte Hockeyweb die Gelegenheit mit Jochen Haselbacher, dem Präsidenten und starken Mann des DEL-Clubs, über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Scorpions zu sprechen:

Hockeyweb: Um zunächst einmal die jüngste Vergangenheit aufzuarbeiten:
Warum hat es in zwei Jahren Preussag Arena nicht wirklich geklappt, die
Scorpions in Hannover zu etablieren? In Hamburg funktionierte es sofort!

Jochen Haselbacher: Das hatte verschiedene Gründe: Einmal das
Sportliche, da haben wir leider nicht so abgeschnitten, wie erwartet.
Aber es gehört eben auch das ganze Umfeld dazu. Man kann, wenn man den
Bezug zu Hamburg herstellt, schon feststellen, dass die Fans und die
Besucher in Hamburg von vornherein das Gefühl vermittelt bekamen, dass
man sich um sie kümmert und dass sie gern da sind. Und das ist der
Preussag Arena, so ist zumindest mein Eindruck, in den vergangenen
beiden Jahren nicht gelungen. Das ist ein Gesichtspunkt. Zum anderen
waren wir sportlich wie gesagt nicht so erfolgreich. Wir haben zweimal
den 10. Platz erreicht. Auch da muss man, wenn man das mit Hamburg
vergleicht, bedenken, dass die Freezers einen ungefähr doppelt so großen
Etat wie wir gehabt haben. Sportlicher Erfolg hängt leider auch zu
einem großen Teil von den finanziellen Möglichkeiten ab. Auch wenn es
sehr schön war, dass Krefeld in diesem Jahr Meister geworden ist und
daraus deutlich wird, dass dem nicht immer so sein muss.

Hockeyweb: Die Unterstützung der Medien trägt mit Sicherheit auch einen
nicht unwesentlichen Teil dazu bei. In Hamburg hat man jeden Tag große
Artikel zu den Freezers in der Zeitung, während über die Scorpions kaum etwas zu lesen
ist. Was sagen Sie zur Mediensituation in der Region Hannover?

Absolut richtig! Das gerade in Hamburg der Erfolg so groß gewesen
ist, liegt auch daran, dass etwa ein halbes Jahr vor Eröffnung der
Color Line Arena praktisch tagtäglich halbseitig und darüber hinaus über
Eishockey und die Arena berichtet worden ist. Die Leute wurden richtig
heiß gemacht auf Eishockey. Außerdem gab es während der ersten halben
Saison, als die Freezers nur auswärts spielen konnten, große
Berichterstattung in den Zeitungen. Das ist ein Unterschied zu uns. Also
man muss schon sagen, hin und wieder wird hier auch ordentlich berichtet,
aber dies so kontinuierlich zu tun, um die Sportart Eishockey in die
Köpfe der Menschen zu transportieren, darin ist Hamburg eindeutig
stärker gewesen als die Region Hannover und die Presse in Hannover.

Hockeyweb: Der Rückzug ins Mellendorfer Icehouse ist mit gemischten Gefühlen zu
betrachten: Während die Fans sich auf eine tolle Saison zuhause freuen
und die Mannschaft endlich wieder einen großen Heimvorteil hat, ist das
ganze aus wirtschaftlicher Sicht natürlich ein Rückschritt. Was erwarten
Sie von der kommenden Saison?

Der Weg des deutschen Eishockeys geht nunmal nicht in "Icehäuser", sondern in die Arenen. Wir
sind ja auch nicht wieder ins Icehouse gegangen, weil wir Lust hatten,
mal wieder in Mellendorf zu spielen, sondern wir sind zurückgegangen,
weil es wirtschaftlich einfach nicht anders ging. Die Kosten, die bei
einem Spielbetrieb in der Arena entstanden wären und die von der Arena
geforderte Aufteilung der Kosten hätte dazu geführt, dass wir schon vor
Saisonbeginn einen Brief an den Insolvenzverwalter hätten schreiben
können mit den Worten: "Bereite schon mal alles vor, wir wissen nur noch
nicht, ob wir den Insolvenzantrag schon im Dezember oder erst im Januar
stellen." Es wäre zu den Bedingungen wirtschaftlicher Selbstmord
gewesen, in der Arena zu bleiben! Nur deswegen sind wir nach Mellendorf
zurückgegangen! Es soll ja nur ein Pufferjahr sein. In der Zeit hoffe
ich, dass sich etwas anderes ergibt. Das Gute daran ist, dass man in
dieser Saison im Icehouse noch einmal Eishockey pur erleben kann, wie es
einmal in Füssen, Rosenheim und Kaufbeuren entstanden ist. Das
ursprüngliche Eishockey, wo der Fan quasi fast auf der Eisfläche steht.
Diesen Charakter kann man in der kommenden Saison im Icehouse noch
einmal erleben und das ist ja auch der Grund, warum die Fans so
begeistert sind, dass wir wieder hier sind.
Wirtschaftlich muss man natürlich zur Kenntnis nehmen, dass der eine oder
andere Sponsor gesagt hat: "Also wir erwarten schon, dass ihr in
Hannover in der Arena spielt und wir reduzieren in Mellendorf unser
Engagement." Der eine oder andere hat auch ganz aufgehört, weil man eben
meint, wenn man Geschäftsfreunde einlädt, gehört ein Umfeld dazu, wie es
in der Arena war. Wir werden aber - und das ist ganz wichtig - die
ehemalige Disco neben dem Icehouse für die gesamte Saison mieten und
dort die VIP-Lounge einrichten. Es wird zwar nicht so vornehm wie in der
Arena, aber es wird mit Sicherheit gemütlicher werden und von daher
bieten wir auch gerade unseren Sponsoren und denjenigen die VIP-Karten
kaufen, glaube ich, ein sehr gutes Angebot!

Hockeyweb: Und aus sportlicher Sicht? Der bisherige Kader sieht ja ganz
gut aus. Er ist zwar dünn besetzt, aber doch hochkarätig!

Das sehe ich genauso. Wir haben uns qualitativ verbessert.
Wir hatten gerade in der letzten Saison das Problem , dass uns der
Blueliner gefehlt hat. Wenn man die +/- Statistik nimmt, stellt
man fest, dass die Scorpions ohne Über- und Unterzahlspiel 6. in der
Tabelle gewesen wären. Wir haben aber gerade im Power Play nicht die
notwendigen Tore geschossen. Das lag zum Teil daran, dass Dominic
Lavoie, der das ja früher immer gemacht hat, zum letzten Jahr
weggegangen ist. Wir konnten ihn nicht halten, da er viel bessere
Angebote vorliegen hatte und leider auch nicht gleichwertig ersetzen. In
der kommenden Saison wird Rikard Franzén, ein Schwede, den wir schon
vor fünf Jahren haben wollten und der vor zwei Jahren mal in Köln gespielt hat
und jetzt in der Schweiz war, diese Rolle einnehmen. Er ist zu uns
gekommen, obwohl er intensiv auch gerade von Köln, den Eisbären und
Mannheim umworben wurde.
Im wesentlichen deshalb, weil er in eine Mannschaft wollte, die
schwedisch geprägt ist und er eben Olle Öst und Gunnar Leidborg gut
kennt. Wir glauben, dass wir damit ein wesentliches Problem der
vergangenen Saison beseitigt haben.
Tejulkin in der Verteidigung ist sicher auch eine Verstärkung und
Augusta im Sturm ist auch ein Kracher. Wir denken schon, dass wir die
Mannschaft qualitativ erheblich verbessert haben. Unser Problem ist in
der Tat, dass der Kader zu dünn ist. Da müssen wir noch dran arbeiten
und insbesondere junge Spieler holen, die hungrig und körperlich voll fit
sind, um dann den Kader so aufzufüllen, dass wir dann auch gerade in der
Weihnachtszeit, wo der Spielplan ja unglaublich gedrängt ist, genügend Manpower haben, um das
physisch durchzuhalten.

Hockeyweb: Wie hoch ist der Etat für die kommende Saison?

Ca. 2,7 Millionen Euro. Letzte Saison hatten wir 3 Mio.! Dieser
Rückschritt um 300.000 Euro ist das Ergebnis aus reduzierten Sponsoren-
und Zuschauereinnahmen. Dafür hatten wir bei Spielerverpflichtungen diesmal ein ganz gutes Händchen.
Hätten wir Augusta erst nach Krefelds Meisterschaft verpflichten wollen, hätten wir
ihn sicher nicht mehr bezahlen können. Wir hatten drei Monate vorher von
seinem Agenten ein Angebot bekommen, bei dem wir in Abstimmung
mit Olle und Eric sofort zugeschlagen haben. Auch Franzén fängt bei uns
zu guten Bedingungen an. Nedved, der schon mit Augusta zusammengespielt
hat, haben wir auch günstig bekommen. So war es möglich, dass wir uns
mit den 2,7 Mio. eine vernünftige Mannschaft zusammenbauen konnten.

Hockeyweb: Mit der Renovierung des Icehouses in ehrenamtlicher Arbeit,
haben die Fans ein Engagement gezeigt, wie es in der DEL wohl
einzigartig ist. Hätten Sie mit einem derartigen Einsatz für die
Scorpions seitens der Fans gerechnet, als Sie den Rückzug aus der Arena
angekündigt haben?

Auf gar keinen Fall! Ich weiß zwar, dass wir hervorragende
Fans haben, die uns unterstützen, wo es geht. Aber das es am Ende
dann wirklich über 75 Tage geworden sind und 52 Fans hier regelmäßig
gearbeitet haben, ist schon bemerkenswert! Ich hab es ja selbst erlebt,
morgens bevor sie zur Schicht mussten wurden ein paar Stunden gearbeitet
und dann abends nochmal ein paar Stunden, das ist schon sensationell.
Ich hatte ein bisschen die Befürchtung, als es losging, dass die
Euphorie zunächst groß ist und viele kommen, der Enthusiasmus aber mit der Zeit
nachlässt. Ich bin sehr angenehm überrascht worden, dass der Job
tatsächlich bis zum Ende gemacht worden ist. Wir müssen jetzt noch ein
paar Gummimatten verlegen und die Plexiglasscheiben erneuern. Das wird
nach dem Inlineturnier am Wochenende geschehen und dann sind wir
weitestgehend durch. Ein bisschen muss noch am neuen VIP-Raum gearbeitet
werden, aber dieser Fan-Einsatz ist schon eine tolle und in der Tat wohl
einmalige Situation im Profi-Eishockey in Deutschland.

Hockeyweb: Zur Zukunft: Die Ausnahmegenehmigung fürs Icehouse gilt ja
nur für diese Saison. Wie sehen die Optionen für die Zeit danach aus?

Das ist richtig. Sie gilt nur für diese Saison: Die einzige
Ausnahme, die gemacht werden musste, bezieht sich auf die Zuschauerzahl,
alles andere, das ist gestern noch einmal bestätigt worden, ist
DEL-tauglich! Die Zuschauerkapazität muss 4.500 betragen, beträgt aber
nur ca. 3.800. Dafür haben wir die Ausnahmegenehmigung bekommen. Ich
kann mir durchaus vorstellen, dass wir, wenn wir nach dieser Saison
konkret sagen könnten, wo wir in der Saison 04/05 bzw. 05/06 spielen und
auch entsprechende Verträge vorlegen könnten, dass wir noch einmal für
eine weitere Saison die Ausnahmegenehmigung bekämen. Aber wir können eben nicht sagen: "Wir werden schon was finden...",
sondern das wir schon unterschriebene Verträge vorlegen, aus
denen hervorgeht, wo wir spielen. und da sind natürlich die
Möglichkeiten vielfältig. Ich möchte jetzt auch nicht, um Gespräche, die
geführt werden, nicht unnötig zu belasten oder in eine schlechte
Ausgangsposition zu kommen, die Möglichkeiten, die bestehen, im einzelnen erläutern. Die Saison dauert lang und bis nächsten
April wird sich etwas konkretisieren, davon bin ich überzeugt.

Hockeyweb: Was passiert mit den Scorpions, wenn Sie eines fernen Tages
keine Lust mehr auf den damit verbundenen Stress haben?

Ich denke, dass sich da jemand finden wird, der weitermacht. In
den Medien sieht das immer so aus, als ob man mit Eishockey
wirtschaftliche Reichtümer ansammeln kann. Ich kann nur sagen, das
Gegenteil ist der Fall. Ich bin immer unglaublich glücklich, wenn die
Saison so in etwa plus minus null ausgeht. Ich habe gerade Unterlagen
gesehen, aus denen hervorgeht, dass in der DEL auch in der letzten
Saison wieder 12 Mio. Miese gemacht worden sind. Die Scorpions gehörten
gottseidank nicht dazu, aber es ist eben ein unglaublich schwieriges
Geschäft und Voraussetzung ist, dass die Zuschauer, die Fans kommen und
dass die Sponsoren mitziehen. Wenn die Sponsoren in der Region Hannover
einmal sagen, wir machen nicht mehr mit, dann wird es in Niedersachsen
sicherlich kein DEL-Eishockey mehr geben. Das hängt von denen ab, die
uns hier unterstützen. Man muss natürlich auch sagen, das ist ein
Faktor hier in Niedersachsen, der natürlich auch für Führungskräfte, die
hier gebraucht werden, interessant ist. Leute, die als Führungskräfte
gesucht werden, schauen schon einmal vorher hin, wo sie hingehen. Ich habe es
selbst erlebt, dass der eine oder andere gesagt hat, "ausschlaggebend
für mich zu einem hannoverschen Betrieb zu gehen, war, dass
ich hier auch DEL-Eishockey sehe." Natürlich ist das nicht nur
DEL-Eishockey, das ist auch Fußball (Hannover 96) etc. aber diese sogenannten
weichen Standortfaktoren, zu denen Eishockey sicherlich gehört, sind an
Relevanz nicht zu unterschätzen.

Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!
Das Interview führte Steve Palaser.
http://www.hockeyweb.de/bl1/index.htm


Klar mit der fehlenden Akzeptanz sind wieder andere Schuld


Und wer soll bitte glauben, dass man Augusta 3 Monate vor Saisonschluss geholt hat...? Olle Öst hatte da doch noch nix zu sagen oder...?

 Sprung  

Xobor Xobor Forum Software
Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz