Kumpels und doch Konkurrenten
Die beiden langjährigen Weggefährten Bernie Johnston und Lance Nethery wollen die Frankfurt Lions wieder an die Spitze des deutschen Eishockeys führen
Von Matthias Kittmann (Arosa)
An der Hotel-Bar des Astoria herrscht prächtige Stimmung. Während die aktuelle Generation der Frankfurt Lions brav um 23 Uhr auf die Zimmer verschwindet, sind die Veteranen am Tresen in bester Laune. Natürlich sind die guten alten Zeiten das Thema. Damals vor 20 Jahren, als zwei wilde kanadische Eishockeyspieler aus der NHL in die Schweiz kamen, ein gewisser Bernie Johnston von den Hartford Whalers und gewisser Lance Nethery von den Edmonton Oilers. Raubein Johnston hatte auswärts schnell sein Fett weg, "John-ston, Sau-Hund", skandierten die Fans , und der fühlte sich zunächst geehrt, weil er noch kein Wort deutsch verstand.
"Aber er war ein guter Sauhund", wirft Markus Lindemann ein, zusammen mit seinem Bruder Guido eine lebende Eishockey-Legende des kleinen Bergdorfes Arosa, dessen EHC in seinen besten Zeiten in der Schweizer Nationalliga B mitmischte und sich unter anderem mit Johnstons Klub Kloten 1983 heiße Duelle lieferte. "Schade, dass wir nie in einem Team gespielt haben", meint Lindemann. Alle drei beendeten wenig später ihre Karrieren, Lindemann, der "Blitz", wie er in Arosa immer noch genannt wird, ist Inhaber eines Geschäftes, Johnston und Nethery, nur ein Jahr auseinander, starteten Mitte der 80er Jahre ihre zweiten Karrieren als Trainer in der Schweiz. Auch später in Deutschland führte sie das Eishockey immer wieder zusammen, entweder in einem Team oder als Gegner. Nach 20 Jahren gemeinsamen Weges spricht man wohl von einer "Männerfreundschaft", zwei Eishockey-Zwillingen, die nun bei den Frankfurt Lions zusammen ihrer vielleicht größten Herausforderung gegenüber stehen. So sieht es jedenfalls auf den ersten Blick aus. Zumal Nethery Kumpel Johnston auch seinen Einstieg als Trainer in Deutschland zu verdanken hat, als Co-Trainer in Landshut.
Doch als Typen sind beide grundverschieden. Das fängt schon damit an, dass Nethery Frühaufsteher ist und Johnston eher das Gegenteil. Und auch als Trainer dürfte es wohl keine größeren Gegensätze geben. Bernie Johnston, der Spaßvogel, ließ beim Training schon mal um ein paar Dollar zocken. Wer bei Nethery verliert, dreht Strafrunden um den Eisring und das nicht zu knapp. Und wenn Fußballtrainer Felix Magath "Quälix" genannt wird, dann gefällt ihm das. Wahrscheinlich würden ihn seine Spieler auch so nennen, wenn man den Begriff ins Englische übersetzen könnte. Diese beiden sollen die Lions wieder in die Erfolgsspur führen und als Gegensatzpaar könnte dies möglicherweise eine gesunde Mischung sein.
Beide ziehen an einen Strang, aber ob sie eine Seilschaft der "Old Boys" sind? Eher nicht. "Eishockey-Kanadier im Ausland sind wie die Fremdenlegion - du weißt nie genau, ob der andere ein Freund ist oder mit dir zusammenarbeitet, weil er so besser überleben kann", hat Bernie Johnston einmal gesagt. Ein Satz, der für Johnston und Nethery wohl auch bei den Frankfurt Lions zutrifft. Denn beide müssen für sich ganz alleine etwas beweisen. Bernie Johnston, dass die vergangene Saison mit ihm als Manager nur ein Ausrutscher war und Lance Nethery, dass sein vorzeitiger Abgang in Köln, das danach mit dem Co-Trainer den Titel holte, seinem Ruf als Meistertrainer - drei Titel hintereinander mit Mannheim - nur geringen Schaden zugefügt hat.
Weil beide sich im jeweiligen Metier des anderen auskennen - Nethery hat auch schon als Manager gearbeitet, Johnstons Trainererfahrung hat in der Vergangenheit so manchen Frankfurter Übungsleiter stolpern lassen -, sind sie einerseits eine Schicksalsgemeinschaft, anderseits aber auch Konkurrenten. Jeder muss letztlich alleine klar kommen. Wenn alles klappt, hat jeder alles richtig gemacht, ob als Trainer oder Manager. Im Erfolg ist für jeden Platz. Doch im Misserfolg verliert jeder alleine. Deshalb bindet sich keiner zu eng an das Schicksal des anderen, denn das könnte, im Eishockey wie in der Fremdenlegion, einen selbst mit in den Strudel reißen. Das war schon vor 20 Jahren in der Schweiz so, als jeder der beiden für seine eigenen Scorerpunkte und den nächsten Vertrag kämpfte.
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Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
Dokument erstellt am 14.08.2002 um 23:59:01 Uhr
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