Ein Fachmann aus dem kanadischen Ostfriesland
Brad "Harry" Harrison, in der vierten Saison Equipment-Manager der Lions, gilt als der Beste seines Faches
Von Matthias Kittmann (Arosa)
Der ehemalige Hobby-Rallyefahrer ist in seinem Element. Von der Graubündener Kantonshauptstadt Chur sind es 30 Kilometer bis Arosa, über 1000 Meter Höhenunterschied und 361 Kurven nur bergauf. Die Bedingungen sind gut, zwar ist die Piste leicht feucht, aber es ist wenig Verkehr. Müsste er später ein Interview geben, würde er sagen: "I pushed very hard - ich habe richtig Druck gemacht." Aber der Hotelier sagt nur: "Hier kam eben schon so ein Verrückter, mit einem Lieferwagen."
Harry ist also schon da. Besser gesagt: Harry ist immer schon da. Denn Brad Harrison, seit seiner Kindheit stets nur Harry genannt, ist der Equipment-Manager der Frankfurt Lions. Und er hat an diesem Tag, an dem der Eishockey-Bundesligist in seinem Trainingslager ankommt, besonders viel zu tun. Sein Job ist fast wie der eines Kulissenbauers beim Film. Er ist nicht nur für die Ausrüstung zuständig, er baut auch die Kabine der Lions in Arosa fast eins zu eins nach. "Die Spieler verbringen mehr Zeit in der Garderobe als zu Hause. Die Kabine ist ihr Wohnzimmer, da muss alles an seinem Platz sein", sagt er und klebt die Namensschildchen an.
"Equipment-Manager" klingt ein bisschen wie der amerikanische Euphemismus für den guten alten Begriff "Zeugwart". Aber das trifft die Sache im Eishockey bei weitem nicht. Und bei Harrison schon gar nicht. Er ist nicht nur fürs Mixen der Getränke, Wäsche waschen, Ausrüstung reparieren und Schlittschuh schleifen verantwortlich, er muss auch mit dem Ausrüstungsbudget haushalten, das bei den Lions rund 125 000 Euro im Jahr beträgt. "Und das ist noch wenig", sagt Manager Bernie Johnston, "wenn man nicht aufpasst, sind da schnell 200 000 Euro weg."
Das fängt schon bei den Schlägern an, von denen ein Modell aus Grafit rund 100 Euro kostet. Schwund in Form von Geschenken an Kinder, Fans oder Familie ist da nicht, Harry zählt genau mit. Kann ein Spieler den Verlust eines Schlägers nicht plausibel erklären, zahlt er den Gegenwert als Strafe. Und Harry passt auf. Selbst übrig gebliebene Schläger von ehemaligen Spielern verkauft er noch, statt sie wegzuschmeißen.
Dafür aber ist die Ausrüstung perfekt, wenn Harry sie bearbeitet hat. Sogar die Schiedsrichter legen ihm, wenn sie in Frankfurt pfeifen, ihre Schlittschuhe vor die Tür. Und als die Lions am Sonntag in Freiburg spielten, kam der ehemalige Lions-Spieler Steve Palmer zu ihm und sagte: "Harry, schleif mir die mal, Du kannst das einfach." Brad Harrison gilt eben als der Beste seines Faches in der DEL.
Die vierte Saison ist er jetzt in Frankfurt, hat zahlreiche Spieler kommen und gehen sehen, acht verschiedene Trainer erlebt, aber er ist geblieben. Obwohl er aus der kanadischen Provinz Saskatchewan stammt. Denn die Bewohner dieser Provinz mit viel Prärie, viel Militär und wenig Bevölkerung müssen ungefähr so viel Spott erleiden, wie die Ostfriesen in Deutschland. Deshalb hat es Co-Trainer Gary Clark auch gar nicht erst an die große Glocke gehängt, dass er ebenfalls aus Saskatchewan kommt. "Dabei verrät es der Name schon", witzelt Johnston, "dort heißen sie alle Harry, Gary oder Larry. Alles andere ist für die zu kompliziert."
Das ist noch einer der harmloseren Späße. Harrison verzieht dabei nur die Miene, wenn die Ontario-Fraktion, deren prominentester Vertreter Johnston ist, nach dem Training an der Hotelbar lästert. Seinen Konter hebt sich Harry bis zum Schluss auf: "Na und, vergangene Saison hatten wir acht Ontario-Boys im Team. Und wo sind wir gelandet ? Wir brauchen viel mehr Saskatchewans im Team."
Der 27 Jahre alte Physiotherapeut kann mit dem Spott leben, denn das zeigt auch, dass er ein vollwertiges Teammitglied ist. Die Spieler, die am Ende jeder Saison den Hut herumgehen lassen und einen "Tip for Harry" einsammeln, schwören auf Harrison, weil er ein detailbesessener Perfektionist ist. Schon legendär ist sein selbstgebauter Handschuhtrockner aus zwei Föhns mit einer Röhre dazwischen, von der warmluftdurchströmte Zapfen abgehen, auf die man die Handschuhe hängen kann. Harrison ist halt ein Mann, der seinem Beruf mit Leidenschaft nachgeht.
Und wie alle Spieler hat er den einen großen Traum: Die NHL in Nordamerika. "Frankfurt ist mittlerweile mein zweites Zuhause, aber wenn Edmonton, Detroit oder die New York Rangers anrufen, bin ich weg." Nicht nur, weil die dortigen Eishockey-Millionäre schon mal 100 000 Dollar als Trinkgeld für das Equipment-Team einsammeln. "Das ist ungefähr die Summe, die ein NHL-Klub für Harry als Ablöse zahlen müsste", wirft Johnston ein. Der Mann aus Saskatchewan ist den Lions eben lieb und teuer geworden. Deshalb soll er bergab auch vorsichtiger fahren.
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Gooni
GUIDO WESTERWELLE for Bundeskanzler
1. offizieller ROB BUSCH Fan
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